Panik auf dem Parkett
Crash bei Nebenwerten und Emerging Markets - Experten sehen Parallelen mit 1987 Berlin - Die globalen Aktienbörsen haben zu Wochenbeginn ihre Talfahrt noch einmal beschleunigt. Unter den Hammer kamen dabei vor allem Nebenwerte und Titel aus den Schwellenländern. Während sich die Verluste beim Dax mit 2,2 Prozent noch im Rahmen hielten, regierte in der zweiten und dritten Börsenreihe die Panik. der MDax brach um 5,6 Prozent ein auf 7723 Stellen, der TecDax rutschte um 4,3 Prozent auf 628 Zähler. Der Entry Standard, in dem die riskantesten deutschen Wachstumswerte versammelt sind, rutschte gar um 6,4 Prozent auf 1365 Zähler ab. Damit liegt der Dax in diesem Jahr nur noch 2,5 Prozent vorn, beim MDax ist das Plus auf 5,6 Prozent zusammengeschmolzen und beim Entry Standard von zwischenzeitlich 33 auf elf Prozent.
Noch dramatischer war der Einbruch bei den Emerging Markets. Indien verlor zwischenzeitlich zehn Prozent, der türkische Markt brach neun Prozent ein und an der Börse in Rußland verlor der RTSI-Index über neun Prozent.
"Verkauft wird nach einem simplen Gesetz: was zuletzt am stärksten und schnellsten gestiegen, fällt nun am heftigsten", kommentiert Gerard Minack, Stratege bei Morgan Stanley in Sydney.
Tatsächlich fällt auf, daß einige Börsen relativ glimpflich davonkommen. So war der Kursverfall an der Wall Street zum Handelsauftakt am Montag weit weniger prononciert als in der restlichen Welt, was daran liegt, daß die US-Börsen in diesem Jahr noch nicht so weit gelaufen waren. Kritisch stimmt einige Anleger auch, daß die Börsenbetreiber am Montag unter Druck kamen, was möglicherweise auf niedrigere Kurse, sprich ein schwierigeres Geschäft in der Zukunft, schließen lasse.
Die meisten Strategen sehen in dem scharfen Kurseinbruch noch immer eine gesunde Korrektur. Anleger würden nun wieder stärker auf Risiken in ihren Portfolios achten und dementsprechend die riskantesten Titel gnadenlos herauskegeln. Einen ausgewachsenen Crash erwarten nur die wenigsten Experten. Dafür seien die Bewertungen der Aktien einfach zu günstig. "Das positive Umfeld für Dividendenpapiere hat sich nicht grundlegend geändert", schreibt Ian Scott, Stratege bei Lehman Brothers in einer Studie an seine Kunden.
Freilich sind nicht mehr alle Strategen so optimistisch. Viele sehen inzwischen Parallelen zum Aktiencrash von 1987, der ebenfalls aus heiterem Himmel ohne einen besonderen Anlaß über die Anleger hereingebrochen sei.
"Steigende Leitzinsen, schwankende Anleihemärkte, steigende Rohstoffe und ein fallender Dollar waren damals die Ingredienzien für den Einbruch 1987", meint Bert Jansen von Exane BNP Paribas in Paris. Auch heute könne man dies beobachten. Eine weitere Parallele ist die Sorglosigkeit, mit der Anleger in Aktien investierten.
Nicht zuletzt war auch damals - vor 19 Jahren - ein neuer US-Notenbankpräsident gerade frisch im Amt und mußte sich an den Märkten bewähren.
Auch wenn die Gemeinsamkeiten von heute und der Situation von vor 19 Jahren frappierend seien, erwartet Jansen nicht das gleiche Crash-Szenario. Dafür seien die Börsen heute viel zu günstig bewertet. hz.
Artikel erschienen am Di, 23. Mai 2006 © WELT.de 1995 - 2006
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