Freenet: Vorstandschef Eckhard Spoerr über geplanten Stellenabbau, Kostensenkung und Verlagerung "Ich bin zuversichtlich, dass wir für den Standort Elmshorn eine Lösung finden"
Von Sophie Laufer
Hamburg -
Hamburger Abendblatt:
Die Kritik an Ihrer Arbeit und Ihrer Person reißt nicht ab. Wie empfinden Sie die nicht aufhörende Diskussion?
Eckhard Spoerr: Wenn es sich um sachliche Kritik handeln würde, könnte man entsprechend eine sachliche Diskussion führen und die Vorwürfe entkräften. Aber zum einen wird die Diskussion um meine Person sehr emotional geführt, zum anderen stecken hinter der Kritik unterschiedlichste Interessen - die bedauerlicherweise nicht immer mit dem langfristigen Gesellschaftsinteresse konform gehen. Das kostet schon Kraft. Bei einer Entwicklung, wie sie Freenet in den vergangenen Jahren genommen hat, gibt es natürlich immer auch Gegner. Das war mir von Anfang an klar. Denn unsere Strategie mit dem Ziel des langfristigen Erfolgs kann sich nicht immer vollständig mit der Strategie aller Aktionäre decken, insbesondere, wenn diese direkte Wettbewerber von uns sind. In der aktuellen Diskussion um den Arbeitsplatzabbau kann ich die Menschen gut verstehen; schließlich geht es hier um ihre Jobs.
Abendblatt:
Mitte November haben Sie bekannt gegeben, Arbeitsplätze im Unternehmen abzubauen. Irgendwie entsteht der Eindruck, von der Rationalisierung seien nur Standorte von Debitel betroffen und Freenet werde verschont.
Spoerr: Das ist ein falscher Eindruck. Wir haben in einem gemeinsamen Debitel-Freenet-Integrationsteam mit Unterstützung einer renommierten Beratungsgesellschaft ein Integrationskonzept auf Basis einer objektiven, nachvollziehbaren Analyse verschiedener Kennzahlen und Kostenstrukturen erarbeitet. Dabei ist herausgekommen, dass bei den einzelnen Standorten, bei grundsätzlich guter, vergleichbarer Leistung, erhebliche Kostenunterschiede bestehen. So ist der Standort Stuttgart beispielsweise rund 50 Prozent teurer als der in Büdelsdorf. Auch beim Debitel-Standort in Elmshorn ist die Kundenbetreuung deutlich teurer als an anderen Freenet-, bzw. anderen Debitel-Standorten wie Kaiserslautern. Schließlich sind wir verpflichtet, ein Konzept zu erarbeiten, das den langfristigen Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Unternehmens absichert und so langfristig Arbeitsplätze erhält.
Abendblatt:
Deshalb wird der Standort Elmshorn ja nun auch verlagert beziehungsweise geschlossen. Sie hatten angedeutet, sich für die Fortführung des bedrohten Bereiches Kundenservice mit 350 Arbeitsplätzen zu bemühen. Wie stehen die Chancen?
Spoerr: Mit dem Ziel, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten, soll die IT mit rund 160 Arbeitsplätzen nach Büdelsdorf verlagert werden. Den Kundenservice möchten wir outsourcen (auslagern). Hierzu führen wir auch Gespräche mit potenziellen Partnern, die diesen Unternehmensteil übernehmen würden. Ich bin zuversichtlich, dass wir in Elmshorn eine Lösung finden werden. Allerdings muss der Standort wieder auf wettbewerbsfähige Strukturen zurückgeführt werden.
Abendblatt:
Den Bereich IT verlagern Sie von Elmshorn nach Büdelsdorf. Wie soll das funktionieren?
Spoerr: Von Elmshorn nach Büdelsdorf sind es 75 Kilometer. Wir denken, dass, wenn die Arbeit spannend ist, viele Kollegen bereit sein werden nach Büdelsdorf zu pendeln. Zumal ein Teil der Mitarbeiter im Umland in Schleswig-Holstein wohnt und damit sogar noch näher an Büdelsdorf.
Abendblatt:
Als Reaktion auf diese Entscheidung haben Sie gerade einen offenen Brief der Betriebsräte aus Stuttgart und Ettlingen erhalten. Was sagen Sie zu diesem Angriff?
Spoerr: Dieser offene Brief ist eine Einzelaktion der Betriebsräte in Stuttgart und Ettlingen. Ich kann die emotionale Anspannung der Menschen dort verstehen und bewerte die Aktion deshalb nicht über. Viele andere Betriebsratsgremien haben sich von dieser Vorgehensweise distanziert. Ich hoffe nun, dass sich alle Betriebsräte wieder auf ihre Arbeit konzentrieren und die Mitarbeiterinteressen am jeweiligen Standort wahrnehmen und mit uns gemeinsam versuchen, eine tragfähige Lösung zu erarbeiten.
Abendblatt:
Nach einer Lösung suchen Sie ja auch immer noch für das DSL-Geschäft. Bereits im Sommer diesen Jahres haben sie angekündigt, im Herbst den Bereich verkaufen zu wollen. Noch immer ist aber nichts passiert. Wie steht es um die Verkaufsabsichten?
Spoerr: Wir sind in Gesprächen, das kann ich derzeit sagen. Allerdings muss ich zugeben, dass die Finanzkrise und der hierdurch ausgelöste Konjunktureinbruch auch auf den Verkauf Auswirkungen haben. Denn es wird den Unternehmen derzeit deutlich erschwert, eine Fremdfinanzierung zu organisieren. Doch ich bin zuversichtlich, dass wir zeitnah eine Lösung für unsere DSL-Sparte finden werden.
Abendblatt:
Herr Spoerr, Sie werden ab dem 9. Januar hier in Hamburg vor Gericht stehen wegen des Verdachts auf Insiderhandel. Wie sehen Sie Ihre Chancen?
Spoerr: Der Prozess behandelt Vorwürfe aus dem Jahr 2004. Ich halte die Vorwürfe für unbegründet und werde mich in der Hauptverhandlung dagegen verteidigen. Mehr möchte ich hierzu nicht sagen, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt.
erschienen am 13. Dezember 2008
http://www.abendblatt.de/daten/2008/12/13/990173.html ----------- Dem Geld darf man nicht nachlaufen, man muss ihm entgegenkommen
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