...na, wer sagts denn...
...und sie verkaufen den Waffenstillstand als "göttlichen Sieg"...
Gazas Tunnelbauer graben schon wieder
Aus Gaza berichten Volkhard Windfuhr und Bernhard Zand
Israel wollte die Tunnel zerstören, über die Waffen aus Ägypten nach Gaza geschmuggelt werden. Doch das Ziel ist gescheitert: Arbeiter graben bereits an neuen Röhren, alte werden instandgesetzt. In der Bevölkerung wächst Frust und Wut - auf die Hamas.
Gaza - Kehraus im südlichen Gaza-Streifen: Direkt an der Grenze nach Ägypten, im Stadtteil Brasil, sind die Betreiber der berüchtigten Tunnel gekommen, um den Schaden zu begutachten, den das israelische Bombardement hinterlassen hat. Vor einem Trümmerhaufen, der einmal ein vier-, fünfstöckiges Haus gewesen sein muss, sitzt eine Frau und heult, ihr Mann und ihre Kinder tragen Schutt auf die Straße.
"Klar ging vom Keller dieses Hauses auch ein Tunnel hinüber", sagt Hassan, 28, der vier Häuser weiter als Tunnelarbeiter beschäftigt ist. Zwei Monate hatten sie am unterirdischen Gang gebaut, erst im November vergangenen Jahres war er fertig geworden. Insgesamt 13 Männer hatten mitgegraben.
Vor dem Gaza-Krieg lief ein Großteil des Waffenhandels durch 200 bis 400 Tunnel an der zwölf Kilometer langen Grenze zwischen Ägypten und dem Gaza-Streifen. Das Bombardement sei zwar massiv gewesen, aber höchstens die Hälfte der Tunnels seien zerstört worden, versichert einer der Tunnelbauer.
"Ich bin eine Maus", lacht Hassan, "ich habe mein halbes Leben da unten verbracht." Hassans Chef steht in einer schnell hinbetonierten Hütte am Grenzstreifen und brüllt in ein tiefes schwarzes Loch, das sich vor ihm auftut: "Mohammed! Häng die Lampe ans Seil und komm rauf! Ich leuchte Dir!" 26 Meter ist der Tunnel tief, 330 lang. Die beiden Schächte sind mit Holz ausgekleidet, der Tunnel selbst nicht. 70.000 US-Dollar kostet solch eine Konstruktion. Dieser Gang endet in einem Wohnhaus auf ägyptischem Boden. Dort weiß die Polizei zwar von dem Geheimgang; dagegen unternommen hat sie nichts.
Im Moment ist die Stromversorgung unterbrochen - damit fällt die Röhre als Transportweg für Güter aus, denn die Motoren für die Kräne und Transportschlitten, die Belüftung und Beleuchtung funktionieren nicht.
In der Tiefe ist eine wacklige Funzel zu sehen. Mohammed macht sich auf den Weg. Zwei Minuten später ist er die Holzleiter herauf, der Schweiß rinnt ihm von der Stirn, sein rotes Lacoste-Hemd ist nass. "Alles okay", japst er und legt sich schwer atmend auf den Boden. "Ziemlich viel Sand eingesickert, wir werden eine Weile zu schaufeln haben. Aber ich habe es bis auf die andere Seite geschafft. Schönen Gruß aus Ägypten."
Die Wut auf die Hamas wächst
Die Bomben aus Israel haben überall ihre Spuren hinterlassen. "Das war das Polizeipräsidium von Rafah", sagt Hassan Abu Mohsen, unser Fahrer. "Die Israelis haben hier unten im Süden ziemlich zielgenau bombardiert, in Gaza-Stadt haben sie viel mehr Wohnhäuser getroffen." Der Eindruck bestätigt sich bei der Weiterfahrt durch die äußeren Stadtviertel. Stockfinster liegen ganze Häuserzeilen da, dazwischen immer wieder, exakt herausgebombt, einzelne Gebäude mit einer zerfetzten grünen Hamas-Fahne irgendwo im Schutt.
Einzelne Viertel haben Strom, fast 20 Stunden am Tag, sagt ein Bewohner; es sind die Stadtteile, in denen mehr Hamas-Leute wohnen als anderswo. Die ungleiche Verteilung von Glück und Unglück, von Wohlstand und Armut ist überhaupt das dominierende Thema im Süden des Gaza-Streifens.
Die Stimmung gegen die Hamas ist gereizt, man merkt es schon daran, dass im Teehaus, auf dem Gehsteig, im Supermarkt keiner über sie sprechen mag. Wenn niemand zuhört, ergießt sich aber ein Schwall von Klagen über sie. Es fängt, wie immer, beim Einfachsten an: "Eine Flasche Gas", sagt der arbeitslose Ingenieur Uday Sakariya, "hat 45 Schekel gekostet, bevor die Hamas kam. Heute kostet sie 120." Ein Liter Diesel stieg von vier Schekel (etwa 80 Cent) auf 15, eine Dose Kichererbsenbrei von zwei auf 3,50. Das ist kein Leben mehr."
Der Zorn richtet sich nicht nur gegen die Israelis, die dem Gaza-Streifen nach dem Hamas-Putsch den Hahn zudrehte, sondern immer mehr gegen die Radikal-Islamisten selbst. "Inzwischen kommt Mehl, Zucker, Milchpulver aus Katar, Saudi-Arabien und Ägypten, aber die Regierung verteilt das nicht einfach – sie verkauft es!"
In Damaskus hat eine Riege von Hamas-Führern im syrischen Staatsfernsehen erklärt, Israel habe sieben Tage, sich aus dem Gaza-Streifen zurückzuziehen. Kurz darauf meldet sich Chalid Maschaal, der Chef des Hamas-Politbüros, spricht von einem "göttlichen Sieg". Drei Leute, die sich den Auftritt in einem Kaffeehaus in Chan Junis im Süden Gazas ansehen, spucken Gift und Galle. "Dieser Typ sollte es mit der Politik bleiben lassen und lieber Süßkartoffeln verkaufen."
URL:
* http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,602090,00.html ----------- MfG kiiwii
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