Gleiche Gewalt gegen alleRostock: Verhaftungen bei Demonstration zu Flucht und Migration. Kampagne »Block G 8« kritisiert Spaltung. Militante Demonstration gegen Bush angekündigtVon Rüdiger Göbel Polizei offenbar farbenblind: Rostock am 4. JuniFoto: AP |
Die Stimmung in Rostock ist nach den Auseinandersetzungen am Rande der Großdemonstration gegen den bevorstehenden G-8-Gipfel angespannt. Wer in der Ostseestadt dieser Tage mit schwarzem Outfit angetroffen wird, und sei es nur ein T-Shirt, ist verdächtig und muß Polizeirepression befürchten. Am Rande einer friedlichen Kundgebung zum Thema Flucht und Migration nahmen martialisch ausgerüstete Polizisten mehrere Demonstranten fest. Im Unterschied zum Samstag gab es gegen die Polizeiprovokationen keine militante Gegenwehr.
Der Druck auf prominente Globalisierungskritiker ist derweil enorm. Medien und Politik drängen die Bewegung, sich von den »Randalierern« und »Gewalttätern« zu distanzieren. Nicht jeder aus dem Demonstrationsbündnis hielt dem Sperrfeuer stand. So ließ sich dessen Sprecher Monty Schädel am Sonntag abend im ZDF-Interview zu der Versicherung hinreißen, man werde künftig eng mit der Polizei kooperieren und mutmaßliche Rechtsbrecher bei den Behörden denunzieren. Auch das globalisierungskritische Netzwerk ATTAC ging auf deutliche Distanz zu militanten Gipfelgegnern. Im Hinblick auf die Randalierer sei zuvor nicht in aller Schärfe gesagt worden, »wir wollen euch nicht sehen, wir wollen euch nicht dabei haben«, sagte ATTAC-Sprecher Peter Wahl am Montag im NDR. »Das hätte mit viel größerer Klarheit formuliert werden sollen, und ich denke, daß es jetzt zwingend notwendig ist, dies heute und für die nächsten Tage noch einmal sehr deutlich zu tun.«
Werner Rätz vom ATTAC-Koordinierungskreis entschuldigte sich am Montag bei den Rostocker Bürgern für die Eskalation. Gegenüber junge Welt präzisierte er, wie seine Organisation in den kommenden Tagen mit mutmaßlichen Militanten umzugehen gedenke: »Wenn einer ankommt, mit Kapuze und Palästinensertuch vor dem Gesicht, dann sagen wir dem, er ist unerwünscht.«
Doch die ATTAC-Spitze scheint fern von der Basis in den Protestcamps. Lea Voigt von der Kampagne »Block G 8« war am Montag guter Dinge. Sie distanzierte sich vom Distanzierungsritual und bekräftigte, die Bewegung halte an ihrem Aktionsrahmen, der Regelverletzungen beinhalte, fest. Im Lager Reddelich würden weitere Blockadetrainings stattfinden. »Die Stimmung ist gut«, sagte Voigt gegenüber junge Welt. Ziel sei, in den kommenden Tagen den Flughafen Rostock-Laage und die Zufahrtsstraßen nach Heiligendamm zu blockieren. Wer sich an »Block G 8« beteilige, müsse allerdings Absprachen einhalten. Die sähen vor, daß die Blockaden so lange wie möglich aufrecht erhalten, Polizisten aber nicht attackiert werden. Wer eine andere Form des Protests wähle, könne dies tun, dürfe andere Demonstranten jedoch nicht gefährden.
Michael Kronawitter von der Antifaschistischen Linken Berlin schließlich verurteilte die Verurteilung der »Autonomen«. Der »militante Widerstand« des sogenannten Schwarzen Blockes am Samstag sei gerechtfertigt und wichtig gewesen – als Signal in die Welt, daß es auch in den Metropolen Widersprüche gibt. »Man soll doch nicht so tun, als wäre in Deutschland alles Friede-Freude-Eierkuchen«, so Kronawitter gegenüber jW. Kriegseinsätze und Sozialabbau seien alltägliche Gewalt, die als solche einfach nicht wahrgenommen werde. Die Aufregung über die Eskalation – auch bei Teilen der Linken – sei so groß, weil in den vergangenen Jahren stets die Polizei den Ablauf von Protesten bestimmt und dominiert habe. In Rostock seien nun erstmals wieder martialisch ausgerüstete Beamte zurückgedrängt worden. »Es hat nicht wenige mit klammheimlicher Freude berührt, Berliner Polizisten auch einmal rennen zu sehen«, meinte Kronawitter. »Militanz heißt, nicht noch die andere Wange hinzuhalten, sondern auch mal zurückzuschlagen. Das wird in den kommenden Tagen sicher passieren. Und das ist auch gut so.« Kronawitter erwartet für den heutigen Dienstag nachmittag »entschlossene Proteste« in Rostock-Laage – US-Präsident George W. Bush kommt. Zitat ENDE http://www.jungewelt.de/2007/06-05/022.php
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