NPD klagt gegen die Berliner Polizei Abbruch des Aufmarschs soll Nachspiel haben - Auch Juristen sehen Fehlverhalten der Einsatzkräfte Berlin - Die NPD will nach dem von ihr vorzeitig beendeten Aufmarsch zum 8. Mai in Berlin Klage gegen die Polizei erheben. Die rund 7500 im Einsatz befindlichen Uniformierten hätten, so der Vorwurf der Rechtspartei, nicht alles getan, um die Versammlungsfreiheit durchzusetzen. Rund 4000 friedliche Gegendemonstranten hatten einen Marsch der etwa 3000 am Alexanderplatz versammelten NPD-Anhänger verhindert.
Bestärkt fühlt sich die NPD unter anderem durch die Berichterstattung in der linksalternativen "Taz". In einem Beitrag der Zeitung heißt es, die Polizei habe den Gegendemonstranten über Megafon mitgeteilt: "Die NPD-Demonstration ist abgesagt. Vielen Dank für Ihre Mithilfe!" Auch nach Ansicht von Juristen hätte die Polizei alle Mittel einsetzen müssen, um die Straße zu räumen und damit für den reibungslosen Ablauf der rechten Demonstration zu sorgen.
Die NPD-Nachwuchsorganisation Junge Nationaldemokraten hatte am 4. November vergangenen Jahres einen Gedenkmarsch im Zentrum der Hauptstadt beantragt. Nach einem juristischen Tauziehen entschied am Freitag schließlich das Bundesverfassungsgericht in einem Eilverfahren, die Rechtsextremen dürften nicht am Holocaust-Mahnmal und am Brandenburger Tor demonstrieren. Erlaubt wurde entsprechend den Auflagen des Berliner Polizeipräsidenten Dieter Glietsch ein Marsch vom Alexanderplatz über die Straße Unter den Linden zum Bahnhof Friedrichstraße.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) betonte am Montag, er sei dankbar, daß es ein breites Bündnis dafür gegeben habe, den Neonazis nicht die Straße zu überlassen, und daß dies friedlich verlaufen sei. Dies habe gezeigt, daß es so die Möglichkeit gebe, solchen Demonstrationen zu begegnen.
Aufgerufen zur Blockade hatten verschiedene Veranstalter der Feste zum 60. Jahrestag des Kriegsendes sowie die Berliner Grünen. Verbraucherschutzministerin Renate Künast hatte die Besucher am "Tag der Demokratie" aufgefordert, einen "lockeren Spaziergang" zur Brücke neben dem Berliner Dom zu unternehmen, so daß die NPD nicht passieren könne.
Genau das aber ist nach Ansicht des Schweriner Juristen Wolfgang Leist das Problem. Der Autor des Buches "Versammlungsrecht und Rechtsextremismus" hält das Vorgehen der Polizei und der Gegendemonstranten für "klar rechtswidrig". "Eine Demonstration, die genehmigt ist, muß stattfinden können. Die Polizei hat eine Bringschuld, das heißt, sie muß alle Hindernisse auf der vorgeschriebenen Strecke aus dem Weg räumen", sagte der Jurist der WELT.
Ob es einem politisch gefalle oder nicht: Das Demonstrations- und Versammlungsrecht gelte "nicht nur für die Guten". Die Polizei hätte mit Verweis auf die Rechtswidrigkeit zum Verlassen der Straße auffordern müssen, im weiteren die Personalien der Demonstranten aufnehmen, diese bei einer Weigerung mit einer Polizeikette von der Straße drängen - und wenn das alles nicht geholfen hätte, als letztes Mittel Gewalt anwenden müssen.
Bereits am Samstag hatte ein hoher Polizeibeamter verlauten lassen, bei einer friedlichen Blockade würden sie nicht mit Gewalt einschreiten. Polizeipräsident Dieter Glietsch stellte sich gestern vor seine Beamten. Die Räumung der Brücke wäre unverhältnismäßig gewesen. Weiter sagte er: "Das geltende Recht läßt nicht zu, daß wir einen Aufzug durchprügeln." Außerdem sei es nach dem Versammlungsgesetz Aufgabe der Polizei gewesen, die NPD-Demonstranten zu schützen.
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