HANDELSBLATT, Donnerstag, 19. Juli 2007, 20:46 Uhr Private Equity
„Der Markt wird vernünftig“ Von Peter Köhler
Die Private-Equity-Branche muss sich auf härtere Zeiten einstellen: Das steigende Risikobewusstsein der Kreditgeber verteuert die Finanzierung der Deals, Renditen geraten unter Druck. Die Rückkehr zur Normalität kommt vor allem den Banken entgegen.
FRANKFURT. „Gott sei Dank, es ist vorbei. Der Markt wird wieder vernünftig.“ Mit diesem Stoßseufzer kommentierte gestern ein hochrangiger Investmentbanker in Frankfurt die jüngsten Verwerfungen an den Finanzierungsmärkten für Unternehmenskäufe. Getrieben durch die hohe Liquidität und die prall gefüllten Beteiligungsfonds der Private-Equity-Häuser war der Markt für „leveraged loans“ in den vergangenen Monaten heiß gelaufen. Die Banken mussten immer höhere Risiken akzeptieren bei gleichzeitig unangemessen niedrigen Preisen. Außerdem wurden die Schutzklauseln – im Fachjargon „covenants“ genannt – immer weiter gefasst oder gleich ganz weggelassen. Doch mit den Übertreibungen ist jetzt Schluss. „Die Risikoeinschätzung der Geldgeber für Übernahmen mit viel Fremdkapital hat sich geändert, der gesamte Markt durchläuft eine Neubewertung“, sagt Benedikt von Schröder, Partner bei der Merchant Bank Augusta & Cie.
Für die Private-Equity-Branche bedeutet das zwar nicht den Untergang, aber eine Zäsur. In Zukunft werde es wieder konservativere Finanzierungsstrukturen geben, die Zeiten des billigen Geldes seien vorbei. „Wir werden im Markt wieder höhere Eigenkapitalanteile sehen“, glaubt von Schröder. Das Lehrbuch sieht bei einem Deal mit Private Equity einen durchschnittlichen Eigenkapitaleinsatz von 60 bis 70 Prozent vor. Der Anteil hat in den vergangenen Jahren aber schrittweise abgenommen, weil sich ein riesiger Markt für Fremdkapital gebildet hat, der zu 60 Prozent von Spezialfonds und nicht mehr von Banken dominiert wird. Nach Angaben der Deutschen Bundesbank hat das Volumen neuer Kredite für fremdfinanzierte Unternehmensübernahmen in Europa mit 116 Mrd. Dollar im Jahr 2006 ein „beträchtliches Volumen“ erreicht, in den USA seien es sogar 187 Mrd. Dollar gewesen.
Hinter dem großen Kreditrad stehen institutionelle Geldgeber wie Versicherungen, Pensionskassen sowie Spezial- und Hedge-Fonds. Deren Risikoappetit war ungezügelt, bis der Markt im Juni einen Knacks bekam, ausgelöst durch die Probleme bei Immobilienfinanzierungen mit schlechter Bonität der Kreditnehmer. Diese „Subprime“-Krise sorgte dafür, dass die Geldgeber zurückhaltender wurden und allzu hohe Risiken vermeiden wollten. Auf einmal rückten Bedenken in den Vordergrund, auch bei den Private-Equity-Transaktionen könne der eine oder andere Deal schief laufen, zumal hier die gezahlten Preise astronomische Höhen erreicht haben.
Was sind nun die Folgen für die Beteiligungshäuser? Die Gründer der bekanntesten Private-Equity-Gesellschaft Kohlberg Kravis Roberts & Co (KKR) bringen die wohl wichtigste Konsequenz auf den Punkt: „Die kommenden Jahre werden härter, keine Frage. Die Renditen werden deutlich fallen“, sagte Roberts jetzt dem „manager magazin“.
Damit dürften auch die immer neuen Rekorde beim Mittelzufluss in die Fonds der Vergangenheit angehören, der Markt wird sich auf dem ohnehin schon hohen Niveau normalisieren. Denn wenn die Erträge der Finanzinvestoren wie KKR, Permira, CVC oder Blackstone sinken, verringert sich auch der Renditeabstand zu anderen Anlagemöglichkeiten mit geringerem Risiko.
Wie groß die Blase im Beteiligungsmarkt ist, veranschaulicht eine Aufstellung der Investmentbank Morgan Stanley: Während es 1989 weltweit nur fünf Private-Equity-Fonds gab, die mehr als eine Milliarde Dollar eingesammelt hatten, sind heute schätzungsweise 150 solcher Mega-Fonds unterwegs.
Eine neue Ära bricht auch für die übernommenen Unternehmen an, denn bei weiter steigenden Zinsen nimmt der Druck auf die Private-Equity-Häuser zu, sich weniger auf die Finanzakrobatik zu verlassen und stärker auf das operative Geschäft zu schauen. „Es reicht nicht mehr, sich nur an einem Unternehmen zu beteiligen und nach einigen Jahren wieder auszusteigen. Das reine ,Deleveragen’, also das Erzielen von Erträgen durch finanzielle Hebel, ist vorbei,“ sagt Joachim Spill, Leiter des Bereichs Transaction Services bei der Beratungsgesellschaft Ernst & Young.
Die Zeiten exzessiver „Rekapitalisierungen“, bei denen immer mehr Schulden auf den Portfoliounternehmen abgeladen wurden, gehen gleichfalls zu Ende. Letztlich dürfte das den Druck der Regulierungsbehörden und der Politiker mildern, die dem Treiben der Finanzinvestoren nicht mehr tatenlos zusehen wollen. In Großbritannien übt die Beteiligungsbranche schon Selbstkritik und bastelt an Verhaltensregeln, die auch mehr Transparenz über die Verschuldung in den gekauften Firmen vorsieht. „Wir wurden den Hedge-Fonds mit ihren kurzatmigen Strategien immer ähnlicher, deshalb kann die eingeleitete Korrektur nur heilsam sein“, sagt ein Beteiligungsmanager.
Die meisten Akteure setzen jetzt darauf, dass es sich nicht nur um eine vorübergehende Abkühlung handelt. „Der Markt hat gezeigt, dass er nicht mehr alles schluckt. Das ist gut so. Ich hoffe nur, dass wir in zwei Monaten nicht wieder mit dem gleichen Übermut konfrontiert werden“, sagt ein Investmentbanker.
Drang zur Größe: Die Fonds der angelsächsischen Beteiligungshäuser und die dadurch möglichen Deals haben in den vergangenen Monaten atemberaubende Höhen erreicht. Blackstone, Goldman Sachs, KKR und Apollo konnten zuletzt von institutionellen Investoren jeweils zwischen 15 Mrd. und 20 Mrd. Dollar Eigenkapital einsammeln. Zusammen mit den billigen Krediten wurden damit Unternehmenskäufe zu Preisen von bis zu 50 Mrd. Dollar angegangen. Die Branche träumte schon vom „100-Milliarden- Dollar-Deal“, was angesichts der schwieriger werdenden Finanzierung aber inzwischen wohl kein Thema mehr ist.
Antrieb im Fusionsmarkt: Die Finanzinvestoren haben im letzten Jahr einen Anteil von gut 20 Prozent im gesamten Markt für Fusionen und Übernahmen (M&A) erreicht. Im Jahr 2000 waren es gerade einmal vier Prozent gewesen. Die Investmentbanken an der Wall Street haben an dem Goldrausch prächtig verdient. Die Gebühren und Provisionen für „Leveraged Buy-outs“ betrugen im vergangenen Jahr etwa 12,8 Mrd. Dollar, im ersten Halbjahr wurden schon zwei Drittel dieser Summe eingestrichen. Dies geht aus Daten von Freeman & Co. sowie Thomson Financial hervor.
Sehr gut verdient haben aber auch die Anwaltskanzleien und PR-Berater sowie die Wirtschaftsprüfer, die deshalb auch zahlreiche neue Stellen schaffen mussten.
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