Vermeidungsstrategie
Sehr geehrter Anleger,
unter der Überschrift " Welche Aktien man meiden sollte " - " Denke nicht ans gewinnen, doch denke darüber nach, wie man nicht verliert " habe ich am Freitagnachmittag auf der größten deutschen Anlegermesse Invest 2010 in Stuttgart einen sehr gut besuchten Vortrag gehalten. Denjenigen unter Ihnen, die nicht die Zeit oder Lust hatten nach Stuttgart zu kommen, aber auch denjenigen, die dabei waren und die wichtigsten Punkte noch einmal Revue passieren lassen wollen, gebe ich hiermit eine Zusammenfassung des Gesagten. Die wichtigste Botschaft ist, dass derjenige, der keine großen Ausfälle zu verzeichnen hat, also sich sehr viel Zeit bei der Auswahl von Aktien nimmt, besser dasteht, als derjenige, der voll auf steigende Aktien setzt und da auch ein paar Rohrkrepierer in Kauf nimmt. Weil auch an der Börse die alte Fußballregel gilt, dass derjenige, der hinten keinen reinlässt, das Spiel zumindest schon mal nicht verlieren kann. Wenngleich in einer Krise wie der Finanzkrise alle Aktien Federn lassen mussten, so zeigt auch diese Krise - wie übrigens auch die New Economy gezeigt hat - dass gute Aktien nach einem krisenbedingten Einbruch ihre Kursverluste sehr schnell aufholen. Also die Verluste nur temporär sind. Und um Krisen zu durchstehen stahlharte Nerven und eine Engelsgeduld unabdingbare Voraussetzungen für den Börsenerfolg sind. Dann ging ich auf Sachverhalte ein, die bei Ihnen die Alarmglocken schrillen lassen sollten und nannte jeweils auch Negativbeispiele aus der Vergangenheit bzw. aus der Gegenwart. Diese sind: 1 . Gründer gehen von Bord und machen Kasse (z.B. Arques Industries AG) 2 . Unternehmen mit hohem Staatsanteil (z.B. Deutsche Telekom AG) 3 . Vorstand verlässt das Unternehmen (H&R Wasag AG) 4 . Aufsichtsratsvorsitzender ist Banker (z.B. TUI AG, DaimlerChrysler AG, HSH Nordbank AG) 5 . Weltweite Unternehmenszusammenschlüsse (z.B. DaimlerChrysler) 6 . Subventionierte Geschäftsmodelle (z.B. Windenergie, Solarindustrie) 7 . Vorstände dürfen trotz Misserfolgen weitermachen (Beate Uhse, Freenet) 8 . Offensichtliche Strategiemängel (Sky Deutschland AG, Allianz AG) Das ganze verpackte ich in ein Ratespiel. Wobei ich immer vorab der Chart ohne Unternehmensnennung anzeigte. Und ein Bild war immer das Gleiche. Auf 10 Jahre gesehen, haben Sie - bis auf die H&R Wasag AG - mit keinem der oben genannten Unternehmen unter dem Strich Gewinne erzielt. Die Kurve ging stets nach unten. Und so war und ist mein Rat, sich an der Börse ganz normal zu verhalten, also so wie wenn man zum Wochenende hin, beim Discounter um die Ecke einkauft und man den gesunden Menschenverstand einschalten sollte. Nach dem Motto: Kann denn das sein, was die Jungs mit ihren Hochglanzbroschüren und hochbezahlten IR-Abteilungen mir da weismachen wollen? Zudem gebe ich Ihnen den Rat, Aktientipps zu hinterfragen. Wer nicht einmal die Eigenkapitalquote oder Umsatzrendite eines sog. heißen Unternehmens bzw. Aktientipps nicht weiß, dem sollten sie auf keinen Fall Gehör schenken. Also hinterfragen sie alles. Und: Seien Sie sich bewusst, dass die Gier auch in Ihnen schlummert. Und Selbstkontrolle und Selbstdisziplin wichtige und verzichtbare Element sind. Hinterfragen sie sich wieder und wieder. Selbst Profis machen emotional getriebene Anfängerfehler. Auch, wenn sie diese in den seltensten Fällen zugeben. Die " Moral von der Geschicht ..." war, dass " Kurse in der mittleren Frist stets den Gewinnen folgen ". Das ist Artikel 1 des Grundgesetzes der Börse. Lassen Sie sich bloß nichts anderes einreden. Die das tun, wollen Sie nur zu Aktivitäten verleiten, an denen Sie nicht verdienen, aber die anderen. Hin und her macht bekanntlich Taschen leer. Lassen Sie sich auch von Hochglanzprospekten nicht beeindrucken. Im Gegenteil: der ein kleines Bürogebäude hat, hat auch wenige administrative Kosten. Seien Sie also cleverer und reagieren Sie nicht auf Potemkinsche Fassaden. Dass kostenlose Analysen meist nichts wert sind, liegt auf der Hand. Oder arbeiten Sie umsonst? Warum dann Analysten? Fragen Sie sich also immer, woher der dann seine Kohle bekommt. Sie werden überrascht sein. In den meisten Fällen allerdings nicht positiv. Das versichere ich Ihnen. Auch sagen große Namen nichts. Ob Daimler oder General Motors oder Allianz. Mit allen drei haben Sie in den letzen 10 Jahren ihr Geld versenkt. Schließlich gilt: einmal aktionärsfeindlich, immer aktionärsfeindlich. Die Deutsche Telekom ist ein Paradebeispiel dafür. Und ob Sie es glauben oder nicht. Auch an der Börse herrschen trotz kurzfristigen Übertreibungen die normalen Marktgesetze. Deshalb mein Fazit: Eine "Vermeidungs-" Strategie bei der Auswahl von Aktien, macht sich am Ende mehr als bezahlt. Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und stets hohe Renditen.
Ihr Norbert Lohrke
|