FinanzNachrichten.de, 13.05.2008 18:08:00 DERIVATE MAGAZIN / Rohstoff Express: ,,Konjunktur-Killer" Ölpreis?
Gemeinhin heißt es ja: Nichts hält sich so hartnäckig wie Vorurteile. Da ist sicherlich etwas Wahres dran. Aber mindestens ähnlich resistent gegen Aufklärung präsentieren sich häufig weit verbreitete Irrtümer, von denen es in Bezug auf die Finanzmärkte gleich eine ganze Reihe gibt. So liest man beispielsweise immer wieder, dass eine Schwäche bei Aktien ihre Ursache in einem steigenden Ölpreis haben soll. Dass dies nicht wirklich stimmen kann, belegten mit Nachdruck die letzten Jahre, in denen sowohl die Kurse der Dividenden-Papiere als auch die des ,,schwarzen Goldes" in friedlicher Eintracht erkennbar zulegen konnten. Insofern muss man sich schon die Frage stellen, ob steigende Rohöl-Notierungen tatsächlich ein ,,Konjunktur-Killer" sind oder ob es sich dabei schlichtweg um ein ,,Ammenmärchen" handelt. Steigende Produktionskosten Fakt ist auf jeden Fall, dass für die Herstellung unzähliger Produkte der modernen Industrie-Gesellschaft Öl unerlässlich ist. Steigen die Preise für den ,,Schmierstoff der Weltwirtschaft", ziehen somit auch die Produktionskosten für viele Güter an. Abgesehen von den Unternehmen der Öl-Branche (Förder- und Ausrüstungsfirmen) sind explodierende Öl-Notierungen für die übrigen Konzerne also ganz bestimmt kein das Geschäft massiv unterstützender Faktor. Aber warum haben sich dann die Umsätze und Gewinne der meisten Unternehmen seit 2003 derart positiv entwickelt? Die ,,Zeche" zahlen letztlich die Verbraucher Nun, das liegt in erster Linie daran, dass letztlich die Verbraucher die ,,Zeche" zahlen. Natürlich verbietet es der Konkurrenzdruck den Firmen die Preise für ihre Erzeugnisse nach Belieben in die Höhe zu schrauben. Wenn jedoch sämtliche Gesellschaften mit steigenden Produktionskosten zu kämpfen haben, werden diese schlussendlich an den Konsumenten weitergegeben. Da das dann mehr oder weniger alle Unternehmen gleichzeitig machen, findet der Konkurrenzkampf eben nur noch auf einem generell erhöhten Preis-Niveau statt. Denken Sie nur einmal an die Luftfahrt-Branche, die gemeinhin als einer der Sektoren gilt, die unter anziehenden Rohöl-Notierungen am meisten zu leiden haben. Hier kompensieren so genannte Treibstoff-Zuschläge die höheren Kosten für die Fluglinien und genau deshalb kam es in dem Bereich trotz der ,,Ölpreis-Rallye" nicht zu nennenswerten Rückgängen bei Umsätzen und Gewinnen. Richtig spürbaren Auswirkungen hat die ,,Hausse" beim ,,schwarzen Gold" daher vor allem in den Geldbeuteln der Privatleute. Weniger Geld für Konsum vorhanden Doch genau hier liegt ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor für die Wirtschaft. Unter Deutschlands Politikern gilt Konsum ja mitunter als etwas Schlechtes. Wie sagte doch vor einigen Jahren einmal ein ,,Genosse", der mittlerweile vornehmlich von seinen mehr als üppigen Pensionsbezügen leben dürfte: Die Deutschen sollen weniger konsumieren und das Geld dafür lieber dem Staat geben. Angesichts solcher Äußerungen verwundert es nicht, dass die Wähler den Sozialdemokraten keine Kompetenz in Wirtschaftsfragen zugestehen. Immerhin stellt der Konsum eine wichtige Säule jeder Volkswirtschaft dar. Nicht umsonst werden zum Beispiel in den USA die Daten zum Verbrauchervertrauen mit ,,Argusaugen" beobachtet. Da die Menschen ihr Geld bekanntlich nur einmal ausgeben können, haben die durch den Schwindel erregen hohen Ölpreis ausgelösten Preissteigerungen bei vielen Produkten des täglichen Lebens zur Folge, dass die Bürger sparen, wo sie können. Dies wiederum kann die heimische Wirtschaft erheblich belasten, vor allem wenn es gleichzeitig zu einer generellen konjunkturellen Abkühlung kommt. Fazit: Unterm Strich kann man somit sagen, dass die nicht enden wollende Verteuerung bei Rohöl zwar kein ausgemachter ,,Konjunktur-Killer" ist aber das Wirtschaftswachstum zumindest indirekt über Preissteigerungen bei zahllosen Erzeugnissen negativ beeinträchtigt. So gesehen kann es auch nicht erstaunen, dass es gerade typische Konsum-Branchen wie Einzelhandel oder Gastronomie hierzulande immer schwerer haben. Und daran wird sich kurz- bis mittelfristig aller Voraussicht nach nicht viel ändern, es sei denn unsere geschätzten Volksvertreter kommen zu der Einsicht, dass die Menschen in diesem Land endlich mehr netto brauchen. Damit allerdings sollte man eher nicht rechnen. Ihre Rohstoff-Express-Redaktion Derivate Magazin www.derivate-online.de Disclaimer: dies ist eine Mitteilung von Derivate Magazin. Für den Inhalt ist ausschließlich Derivate Magazin verantwortlich.
(END) Dow Jones Newswires
May 13, 2008 11:07 ET (15:07 GMT)
Quelle: Dow Jones News
Fenster schliessen ----------- "Es gibt nichts, was so verheerend ist, wie ein rationales Anlageverhalten in einer irrationalen Welt.
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