Kaum ein Irrtum hält sich in unserer Gesellschaft so hartnäckig wie der, dass Autofahren Spaß macht. Dabei müßte man sich nur einmal selbst im Auto beobachten. Spaß habe ich nie so traurig dargestellt bekommen, wie es einem die Gesichter hinter den Autoscheiben zeigen. Und wie schnell die gelangweilten Gesichter zu unfreundlichen Fratzen mutieren, wenn man nicht schnell den Zebrastreifen überquert oder sogar ohne einen solchen die Straße passiert. Vor dem langsamen Gehen auf Zebrastreifen sollte man sich hüten. Es fehlt nicht viel und die Spaßautofahrer steigen aus und knüppeln einen ganz ohne ihr geliebtes Blechle zusammen. Was man im Fernsehen sieht, in der Realität hört man sie nur Gas geben. Man sieht hinter Windschutzscheiben ungefähr die Art von Spaß, die man auch in Gesichtern von Glücksspielautomatenspielern findet: Konzentrierte Langeweile, nachlässige Gespanntheit, sekundenkurzes Aufblitzen von Hoffnung und bodenloser Fall in die verpasste Chance. Sei es der verpasste Parkplatz, Grünphase oder der verpasste Gewinn.
Allein die winzig kurzen Strecken auf denen man das Gaspedal durchdrücken kann, lassen sich irgendwie mit Spaß verbinden. Aber dies immer mit der Gewissheit, vor und nach der kurzen Strecke durch andere gebremst zu werden: Da ist die Ampel auf rot, dort ein Lastwagen, ein Tempolimit, eine Straßenbahn, Fußgänger, Parkplatzsuche usw. Das Gasgeben zwischendurch reicht kaum um den Frust mit den ganzen Hindernissen verdrängen zu können. Man denkt an die nächste kurze Zeit des Gasgebens.
Auf den Pflichtfahrten zu Supermarkt und Arbeit sieht es also schlecht aus mit dem Spaß. Dafür reicht ein Blick hinter morgendliche Windschutzscheiben. Dem Fussgänger oder Radfahrer auf dem Weg zur Arbeit geht es auch meist nicht besser, doch muss er sich nicht einreden, Gehen oder Radfahren mache Spaß: Körper und Portemonnaie wird diese Bewegung zu danken wissen. Wenn man so richtig gefrustet ist, hilft der Blick runter auf den sitzenden Autofahrer, der vielleicht sogar glaubt Autofahren mache Spaß.
Bleibt die Kür am Wochende oder nach Feierabend. Noch ne größere Runde mit dem schicken Gefährt um die Stadt herum. Lieber nicht in die Stadt, Autos vor Straßencafes Schaufahren zu lassen stößt auf immer weniger Gegenliebe. Auch der größte, neuste oder hippste Wagen stinkt, macht Lärm und verbraucht Platz. Und wer ein Auto zum Präsentieren braucht, muss ziemliche Minderwertigkeitsgefühle haben. Oder Mundgeruch. Fahrt mit euren Kleinwagen, SUVs und Cabrios lieber ins Gewerbegebiet. Hier allerdings macht Autofahren nur bei verbotenen Autorennen Spaß. Aber vielleicht findet ihr in den dortigen Großraumdiskos noch Landmädchen, die auf Kerle mit tollen Autos stehen.
Die Fahrt auf der Autobahn ist für Spaß auch nicht das Wahre. Einfach nur schnell fahren kann jeder, bei Temolimit könnens noch mehr. Man muss also richtig schnell fahren. So jenseits der 230 km/h, damit nicht irgendein aufgemotzter Klein- oder Mittelklassewagen hinter einem hängt und den Spaß versaut. Die Straße schön schmal und ein grünes Band am Rand, aber dies ist auch egal. Ein, zwei Minuten, wenns gut läuft länger und wieder ist ein Schnarcher mit 170 vor einem.
Es bleibt die kurvige Landstraße. Vielleicht mit Bäumen rechts und links, oder gar ein ganzer Wald. Manche haben sogar Berge oder Seen als Fahrtdekoration. Aber man muss sich ja auf das Fahren konzentrieren, will man nicht mit der Umgebung verschmelzen. Die Kulisse ist eh nichts weiter als ein Bonus zum Spaß des Fahrens, die könnte auch aus Plastik sein; bei typischen Autofahrgeschwindigkeiten merkt man das nicht. Die kurvige Landstraße als letztes Eldorado des spaßorientierten Fahrers, dem auch das Adjektiv sportlich aus der Reklame bekannt ist. Seltsam nur, dass man dabei die ganze Zeit die Beine nur wenig benutzt und auf dem Arsch sitzt. Was das mit Sport zu tun haben soll, wenn man nicht außerhalb des Autos trainiert, um fit für Rennen zu sein. Aber die sind auch auf der Landstraße verboten.
Warnung: Menschen die mit Autofahren Spaß verbinden haben eine schlechte Selbstbeobachtung, Minderwertigkeitsgefühle oder Mundgeruch und sind in Gefahr fettleibig zu werden, da sie das Wie-Wort sportlich nicht recht verstanden haben.
|