Da war das Geschnatter groß
Wie das Bauernehepaar Kuchta es den Gänsen im Stall gemütlich macht / Von Martina Dreisbach
Mittagessen beim Bauernehepaar Petra und Hans-Dieter Kuchta in Friedrichsdorf im Taunus. Auf dem Küchentisch stehen Schüsseln mit Lende, Rosenkohl und Bratkartoffeln. Das Gespräch dreht sich in schönstem Hessisch um die Gänse auf dem Hof. Von Ferne klingt das Geschnatter der 320 Tiere wie Hundegebell.
Der Bauer: "Seit Freitag abend sind sie drin. Da war die Verordnung da. Da war Schluß, da mußten sie rein. Wir haben noch schnell die Scheune zusätzlich frei gemacht, zwölf auf sechs Meter, da können sie schön rennen. Die Gänse strecken sich ja, die wollen flattern, die wollen sich zeigen, das ist wie bei de Leut."
Die Bäuerin: "Am Samstag morgen, als es hell wurde, war das ein Radau, das Geschnatter riesengroß, die dachten, jetzt geht's auf die Weide. Für meinen Mann ist das schlimm, die Gänse gehören tagsüber raus in die Natur und nachts rein unter Dach und Fach. Anders gibt's das gar nicht. Jetzt geht er halt immer in den Stall und schwätzt mit denen."
Der Bauer: "Wir haben ihnen ja Gitter gemacht, damit sie schön rausgucken können und viel Luft kriegen. Die können sich gut bewegen. Das Landwirtschaftsamt und das Gesundheitsamt haben angerufen und Hilfe angeboten. Wir haben Schutzkleidung im Baumarkt gekauft, Mundschutz in der Apotheke und Desinfektionsmittel. Jetzt kommen die Leute aus dem Urlaub, die bringen ja alle möglichen Infekte mit. Aber wir haben die Tiere da hinten gut abgeschirmt."
Die Bäuerin: "Das ist höhere Gewalt. Die Verordnungen von oben sind ja da. Man muß sich nur dran halten. Alle müssen das, auch die mit wenig Geflügel. Ich werde ganz verrückt, wenn mir einer mit fünf Gänsen sagt, ich lass' meine draußen. Wenn die Ämter nix machen und es passiert was, dann beschweren sich die Leut'. Wenn hier nur ein Hinkel tot gefunden wird, werden alle abgemurkst."
Der Bauer: "In Asien sind die Hühner ja Haustiere, die gehen mit den Leuten ins Bett. Wenn ich jeden Tag mit meinen Gänsen knutsche, krieg' ich auch was. Wir haben unsere Gänschen ja gern. Aber so gern auch wieder nicht."
Die Bäuerin: "Na, die puddeln jetzt da im Stall mit dem Wasser, Wassergeflügel macht halt Sauerei. Erst hatten wir ihnen ein Plastikwännchen mit Trinkwasser hingestellt, und dann haben die da drin gebadet. Jetzt haben wir eine Tränke gebaut."
Der Bauer: "Und wie das mit dem Misten werden soll - weiß der Himmel. Wir können sie ja nicht einzeln raustragen. Mit dem Füttern müssen wir mal sehen. Ich hab' noch keine Erfahrung. Wir werden ein bisi langsamer füttern, das ist bei den Gänscher wie bei uns, wenn wir sitzen und essen, werden wir fett."
Die Bäuerin: "Die Gans muß halt mehr gestochen werden, damit das Fett abgeht. Und übrigens ist 'ne magere Gans zäh wie Juchten. Da kann man ruhig die Galle ein bisi strapazieren. Rosmarin muß dran und gemahlener Kümmel, eine rohe Kartoffel rein und eine Gemüsezwiebel, das gibt guten Geschmack. Die Frauen rufen noch Heiligabend an und fragen, wenn sie nicht mehr weiterwissen. Na, ich sag's ihnen dann."
Der Bauer: "Oft machen ja die Männer die Gänse. Die sitzen dann stundenlang vorm Ofen und gucken zu."
Die Obstwiesen vor dem Bauernhaus sind leer. Hinten im Stall üben sich die Gänse im Kreisverkehr. Zur Unterhaltung wirft ihnen die Bäuerin trockenes Brot und ein paar Äpfel rein: "Es ist besser gegangen, als ich dachte. Wer sich hier nicht wohl fühlt, dem kann ich nicht helfen."
Text: F.A.Z., 27.10.2005, Nr. 250 / Seite 9
MfG kiiwii
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