Ein Börsenzulassungsprospekt ist wie ein Beipackzettel eines Medikamentes. Trotz der tausend aufgeführten Risiken nimmt man das Medikament nachher trotzdem. Und bei einer Aktie ist es ähnlich. Viele kaufen trotzdem Aktien. Und andere, die die Risiken nicht eingehen wollen, lassen die Finger von der Aktie. Das ist genau der Sinn eines Prospektes und ich ziehe den Hut vor denjenigen hier, die die Arbeit gemacht haben, den Prospekt durchgelen haben und auf einige Aspekte aufmerksam gemacht haben.
Die Darlehen von insgesamt 240.000 Euro machen selbstverständlich - wenig überraschend - deutlich, dass die Gesellschaft nicht gerade mit Kapital gesegnet ist. Davon sind 100.000 übrigens Bankdarlehen. Und der Rest kommt von Aufsichtsräten und Aktionären. Man kann den Fakt des Kaptalbedarfs bedauern, aber man kann auch das Positive darin sehen. Erstmalig sehen scheinbar auch Banken die Gesellschaft als kreditwürdig an. Das ist auch als Vertrauensbeweis zu sehen. Dass Aufsichtsräte und Aktionäre ein Darlehen gewähren, zeigt auch das Kommitment und Vertrauen in die Gesellschaft. Sie haben der Gesellschaft und damit allen Aktionären geholfen die Zeit bis zur HIV-Zulassung zu überbrücken. Damit fällt die Verwässerung der Aktionäre geringer aus als wenn die Gesellschaft vorher einen Kapitalschnitt mit anschließender KE gemacht hätte.
Viel Diskussion hier über die Aktivierung der Kosten für den Onlineshop. Ist allerdings absolut nicht Neues. Aktivierung erfolgte bereits im Abschluß 2013. Ob eine Werthaltigkeit gegeben ist kann ich nicht beurteilen, die entsprechende Bilanzierung ist üblich und in keinster Weise zu kritisieren. Die fehlenden Umsätze für den Shop liegen m.E. auch an einem zu geringen Marketingbudget. Hier will man ja auch aktiver werden.
Der Hinweis auf einen Prozess ist auch nichts Ungewöhnliches. Ich persönlich kenne kein Unternehmen, das keine Gerichtsverfahren anhängig hat, hätte fast gesagt, dass das auch für Privatleute gilt. Das Risiko daraus halte ich bei Nanorepro für überschaubar. Die fehlende Rückstellung ist richtig, wenn man davon ausgeht, dass man das Verfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit gewinnen wird. Warum soll man dem Prozessgegner zu früh durch eine Rückstellung signalisieren, dass man mit einer Niederlage rechnet?
Man kann in dem Prospekt auch Sachen finden, die positiv sind und wenig im Fokus stehen. So kann man lesen, dass zuletzt mehrere Rahmenverträge abgeschlossen worden sind, nicht nur der vieldiskutierte Russland-Vertrag.
Was auch klar wird ist, dass die hier mehrfach gemachten Unterstellungen, dass Vorstand und AR nach der HIV-Meldung Aktien auf erhöhtem Niveau verkauft haben, schlichtweg falsch sind. Die Anteile sind genauso hoch wie zum Jahresende. Die Herren beteiligen sich an der KE und haben scheinbar einer Veräußerungssperre zugestimmt. Ebenso falsch ist die Unterstellung, dass der Erlös aus der KE weitestgehend der Finanzierung des Erwerbs der Alphabiol dient . Nunmehr wissen wir, dass der Erwerb aus dem Cashbestand bezahlt worden ist und der Betrag über 10.000 Euro und unter 100.000 Euro gelegen hat (5-stelliger Bereich). Ich gebe allerdings durchaus zu, dass es mich ebenfalls irritiert, dass bei dieser Transaktion eine Verbindung zu Dr. Stiller existiert. Aber ich halte das übernommen Portfolio für komplementär und scheinbar ist kein hoher Betrag geflossen. Wenn man im Prospekt nachliest kostet die Entwicklung eines neuen Produktes (Ausnahme HIV) rd. 25.000 Euro. Auch die Gestaltung des Online-Shops kostet. Insofern erscheint mir der Kaufpreis angemessen oder sogar günstig gewesen zu sein.
Insgesamt bietet der Prospekt m.E. kaum Angriffsflächen. Die angesprochenen Aspekte kann man diskutieren,sind aber nicht geeignet, das Anlageurteil grundlegend zu ändern. Solche Aspekte wird man in nahezu jedem Prospekt finden, wenn man sucht.
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