Es bedarf keiner weiteren legislativen Maßnahmen in dieser Angelegenheit. Eine Zwangsehe, so sie denn tatsächlich eine ist, ist in allen hier disputierten Rechtsgefügen schlicht weg ein Verbrechen. Und natürlich geht es dabei so gut wie ausschließlich um Strafrecht. Um was denn sonst? Der Rest ist Aufklärung und Bildungspolitik.
Jedes gesellschaftliche Wertespektrum erweitert sich, so was nennt man gemeinhin Leben und Evolution. Und jede Generation bringt Werte mit sich, die in der vorangegangenen noch undenkbar gewesen wären. Setz Dich mal in eine Zeitmaschine, reise zurück in das Jahr 1960 und erzähl den Berlinern, dass sie dereinst einen Bürgermeister haben werden, der von sich sagt: "Ich bin schwul, und das ist gut so!"
Deutschland ist heute pluralistischer als je zuvor. Und dies scheinen eine ganze Reihe von Kräften nicht aushalten zu können. Ob etwas dazu gehört oder nicht, entscheidet sich allerdings nicht danach, wie verwurzelt etwas in einer Gesellschaft ist, sondern nach ideologischen und weltanschaulichen Begrifflichkeiten. Gehört es dazu, ist es eine Subkultur. Und das als Fremdkörper empfundene bekommt halt einfach den Stempel der Parallelgesellschaft. Objektiv betrachtet bilden die Türken hierzulande nichts anderes als eine eigene Subkultur, die in sich wieder in zahlreichen Facetten in Erscheinung tritt. Die grundsätzlich mangelnde Bereitschaft von Teilen der Mehrheitsgesellschaft, ihnen diesen Platz einzuräumen, macht sie zu einem Fremdkörper in einer Parallelgesellschaft.
Das tieferliegende Motiv sind grundsätzliche Assimilationsbestrebungen. Man will auf Dauer keine hier lebenden Türken oder Deutsch-Türken haben, sondern bestenfalls türkischstämmige Deutsche, die sich höchstens dem Namen oder Äußeren nach von der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden. Das mag ein im politischen Disput artikulierbarer Standpunkt sein, der allerdings als explizite Begründung für die angedachten und uns noch bevorstehenden Maßnahmen - wir sind ja erst am Anfang - nie und nimmer rechtsverbindlich in die Praxis umgesetzt werden könnte. Denn die konstitutionellen Grundlagen dieses Landes sind derart großzügig und weit gefasst, dass es so gut wie unmöglich ist, offene und direkte Maßnahmen in diese Richtung einzuleiten. Also bedient man sich solcher Scheindebatten und anderer konstruierter Vorwände. Es geht also nicht um Fragen des alltäglichen Zusammenlebens - denn auch mit Menschen, die sich sowohl intellektuell als auch emotional primär als Türken begreifen kann man als Deutscher prima auskommen - sondern um politische und ideologische Grundsatzfragen.
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