manager-magazin.de, 29. März 2008, 15:57 Uhr http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,544194,00.html
BANKENKRISE
Dunkler kann es kaum noch werden
Von Georg Thilenius
Traditionsbanken wie Bear Stearns im Ausverkauf, das US-Verbrauchervertrauen auf Fünfjahrestief: Dunkler kann es kaum noch werden, und seit 9 Monaten ziehen Anleger Geld aus Investmentfonds ab. Doch Krisen wie diese bieten nervenstarken Investoren gute Einstiegschancen.
Stuttgart - Die Rettungsaktion in letzter Minute für die traditionelle Investmentbank Bear Stearns, die vorher in 85 Jahren ihres Bestehens noch nie einen Verlust geschrieben hatte, wirft ein Schlaglicht auf die vergangenen Börsenwochen. Diese Rettungsaktion war die bisher Letzte in einer großen Serie von Problemfällen der Finanzindustrie.
© REUTERS Händler in New York: Stimmung ähnlich düster wie 2003 oder 1973 Die Namen Société Generale, IKB, KFW und viele andere stehen nur symptomatisch für die Schockwellen, die von der amerikanischen Hypothekenkrise ausgehen und sich zu einer veritablen Bankenkrise ausgewachsen haben.
Das Verbrauchervertrauen in Amerika sinkt auf den tiefsten Stand seit Ausbruch des Irakkrieges vor 5 Jahren, nach einer anderen Berechnungsart sogar auf den tiefsten Stand seit der Ölkrise im Winter 1973. Dies ist schon ein Wort: Während der Ölkrise 1973 war es so rabenschwarz wie kaum jemals seit den Zeiten der großen Depression in den 30er Jahren.
Nur schlechte Nachrichten zählen
Seit Wochen gilt: Je schlechter eine Nachricht ist, um so eher bewegt sie das Börsengeschehen. Gute, oder nur neutrale Nachrichten finden überhaupt keine Beachtung. Selbst das lange Zeit unbesiegbare Wirtschaftswachstum in China und Indien scheint Schrammen zu bekommen. Jeden Tag sieht es so aus, als ob alles morgen früh noch schlimmer kommen könnte. Dunkler kann es eigentlich nicht mehr werden.
Bäcker, Bergsteiger und andere Frühaufsteher wissen jedoch aus eigener Erfahrung: Am Dunkelsten ist es immer kurz vor Tagesanbruch. So wie die Bäcker und Bergsteiger nach dem nächtlichen Aufwachen in den Spiegel sehen, lohnt sich auch diesmal für den Aktienanleger ein Blick in den Rückspiegel.
11 bis 16 Monate Rezession möglich
In früheren Marktphasen in den USA waren die Bilder häufig ähnlich wie heute. Wenn man die Verläufe früherer Bärenmarkte und Rezessionen betrachtet und davon ausgeht, dass die Rezession im November 2007 begann, dürfte sie ungefähr durchschnittlich 11 Monate dauern. In diesem Fall dürften wir am schwarzen Montag Ende Januar den ersten Tiefpunkt und in der vergangenen Woche dessen Bestätigung durch einen zweiten Tiefpunkt gesehen haben. Falls die Rezession jedoch 16 Monate dauern sollte, wie im Jahr 1973 und im Jahr 2001, dann steht uns noch ein weiteres Tief bevor.
Finanzkrisen dieser Art haben in der Vergangenheit immer beachtliche Einstiegsgelegenheiten hervorgebracht, ganz besonders nach einem Crescendo, wie wir es letzte Woche bei Bear Sterns erlebt haben. 1970 ging die Eisenbahn Penn Central pleite, 1984 die Continental Bank, 1994 wurde der mexikanische Peso abgewertet, 1998 klappte der Hedge Fund Long Term Capital Management, oder wie viele behaupten Wrong Term Capital Management zusammen.
n Deutschland erinnern wir uns an die Krise der Herstatt-Bank 1973, an die Krise der SMH-Bank 1983 und verschiedene andere größere und kleinere Schieflagen bis heute.
Krisen als Einstiegschancen
Woran liegt es nun, dass Finanzkrisen der jetzigen Dimension immer gute Einstiegspunkte waren? Die Regierungen und die Zentralbanken haben ein großes Interesse daran, für Wachstum in der Wirtschaft zu sorgen. Daher wird sich jeder, der sich auf eine lange Rezession einstellt, gegen die US-Regierung, die Märkte und die menschliche Natur positionieren. Es liegt auf der Hand, dass dies nur Verlust bedeuten kann.
Dazu kommen einige technische Faktoren, einschließlich der Liquidität. Die Bestände der Geldmarktfonds in Amerika haben jetzt 3,45 Billionen Dollar erreicht, gegenüber 2,2 Billionen Dollar am letzten Tief des Marktes im März 2003.
Die amerikanischen Aktienfonds haben einen Rekord von 9 Monaten hintereinander von Kapitalabflüssen erlebt. Der vorige Rekord war 8 Monate nach dem Crash von 1987.
Monate von Abflüssen aus Aktienfonds und Umschichtungen in Geldmärkte sind die Folgen von einer furchteinflößenden Stimmung und von Zukunftsangst. Rettende Eingriffe der Regierungen in den Markt können die Psychologie der Investoren jedoch sehr schnell wieder wandeln.
All das wird sich möglicherweise aber nicht notwendigerweise innerhalb sehr kurzer Zeit einstellen, kann aber auch noch einige Monate des schrittweisen Vorrückens und wieder Zurückfallens bedürfen. In einer ähnlichen Lage im Frühjahr 2003 löste sich die Unsicherheit erst, als Saddam Hussein im Mai vom Sockel fiel.
Wer als Anleger dieser Tagesanbruchtheorie folgen möchte, ist wahrscheinlich mit Indexfonds auf die großen Indizes wie Dow Jones Chart zeigen, EuroStoxx 50 Chart zeigen und Dax Chart zeigen nicht schlecht bedient. Geduld und starke Nerven bei vorübergehenden Rückschlägen sind jedoch gefragt.
Der Autor geschäftsführender Gesellschafter der Stuttgarter Vermögensverwaltungsgesellschaft Dr. Thilenius Management GmbH. Das Unternehmen unterliegt der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
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