Rüdiger Baeres - Allein gegen Hollywood (EurAmS)
In einem amerikanischen Gerichtssaal entscheidet sich die Zukunft von Rüdiger Baeres und seiner Filmfirma Intertainment. Eine Story wie aus einem Grisham-Thriller.
von Julia Groß, Euro am Sonntag 24/04
Meine Damen und Herren, bitte erheben Sie sich. Das ehrenwerte Gericht beginnt seine Sitzung." Eine holzgetäfelte Tür wird geöffnet, und die neun Jury-Mitglieder betreten den Saal. Durch einen separaten Eingang schreitet Richterin Alicemarie Stotler zu ihrem Stuhl, nickt den Anwesenden zu und setzt sich. Der Countdown läuft.
Für die vier Frauen und fünf Männer ist es der letzte von 19 langen Verhandlungstagen, an denen sie mit Aussagen und Beweisstücken bis zum Abwinken konfrontiert wurden. Nur noch zur Urteilsverkündung kommen sie in den eisig klimatisierten Saal im zehnten Stock des US-District-Courts in Santa Ana, im Südosten von Los Angeles.
Für Rüdiger Baeres und Elie Samaha ist es der Beginn des Showdowns, auf den sie vier Jahre lang gewartet haben. Einst waren sie schier unzertrennlich, jetzt heißt es: Barry oder Elie, wem glaubt die Jury? Für beide steht nicht weniger als ihr Unternehmen auf dem Spiel.
Das Szenario klingt wie aus einem John-Grisham-Thriller. Die deutsche Filmproduktions- und Rechtehandelsgesellschaft Intertainment, einst ein großer Star am Neuen Markt, klagt den ehemaligen Geschäftspartner Franchise Pictures aus Los Angeles an, sie mit künstlich überhöhten Filmbudgets um mehr als 100 Millionen Dollar betrogen zu haben. Franchise wiederum behauptet, die aufgeblähten Budgets seien abgesprochen gewesen. Intertainment habe sich auf die Deals eingelassen, um Projekte mit Stars wie Bruce Willis und Sylvester Stallone zu sichern und den Aktienkurs hoch zu halten.
Umstritten sind beide Seiten. Da ist Sunnyboy Baeres, der 1999 durch den Börsengang der von ihm gegründeten Firma auf dem Papier zum Milliardär wurde. Doch von Anfang an gab es Stimmen (siehe EURO 26/99), die ihm vorwarfen, für die meist zweitklassigen Franchise-Filme zu tief in die Tasche zu greifen. Schon im Jahr 2000 stürzte der Kurs von 100 Euro auf zehn ab.
Dagegen kann Samaha auf eine bewegte Karriere als Türsteher im New Yorker Studio 54, Besitzer mehrerer chemischer Reinigungen (" Celebrity Cleaners" ) und Nachtclubs in LA zurückblicken. Auch das FBI soll ihn schon unter die Lupe genommen haben.
Bei zwei so illustren Gestalten wundert es nicht, dass bei dem Prozess die Fetzen fliegen. Baeres habe seine eigenen Mitarbeiter für den Kaffee im Büro bezahlen lassen, aber sich um die Millionenbeträge, die er zu viel an Franchise überwies, einen Dreck geschert, höhnt Samahas Anwalt. Er habe während des Prozesses ständig falsch ausgesagt, lese nicht mal seinen eigenen Geschäftsbericht. Der Angesprochene quittiert die Tiraden mit einem säuerlichen Lächeln. Baeres Rechtsbeistand appelliert an die Jury: " Lassen sie Elie Samaha und Franchise nicht davonkommen. Das Schicksal eines Unternehmens mit Tausenden von Aktionären liegt in Ihren Händen."
Tatsächlich sah es für die Intertainment-Aktionäre beim Prozessauftakt gut aus. Viele Zeugenaussagen schienen Baeres’ Version der Geschichte zu stützen. Sollten die Deutschen gewinnen und Schadensersatz zugesprochen bekommen, würde sich der Aktienkurs wahrscheinlich vervielfachen.
Dann aber brachte Franchise mit David Williamson einen Ex-Intertainment-Manager in den Zeugenstand. Der fiel seinem ehemaligen Chef gehörig in den Rücken. " Baeres hat von den überhöhten Budgets gewusst" , so Williamson. Auch ein Dokument, in dem Intertainments Vertreter in Hollywood direkt auf die Höhe des " echten" Budgets eines Films hinweist, verlieh Franchises Behauptungen Glaubwürdigkeit.
Derzeit beraten die Geschworenen. In den nächsten Tagen wird es heißen: " Meine Damen und Herren, die Jury ist zu einem Urteil gekommen." Gerichtet wird auch über das Schicksal von Intertainment.
" BARRY" Baeres
Der 1959 geborene Münchner hat eine rasante Karriere hingelegt: Nach dem Jurastudium stieg er als Assistent beim Bayerischen Rundfunk ein, arbeitete dann bei verschiedenen Medienunternehmen. 1993 gründete Baeres die Filmrechte-Handelsfirma Intertainment. Das kleine Unternehmen am Stadtrand von München kam bald ganz groß raus: Der Börsengang vor fünf Jahren machte Baeres über Nacht zum Milliardär. Dem stets tadellos frisierten und gekleideten Vorstands-Chef wird nachgesagt, die Gesellschaft von Stars und Sternchen überaus zu genießen: " Barry will die Zigarren, die Cabrios und die Mädchen" , sagte ein Geschäftspartner mal.
Unter dem Foto von Rüdiger Baeres :
Kämpft um 100 Mio. USD: Sunnyboy Rüdiger " Barry" Baeres. Selbst wenn er den Prozess gewinnt, ist fraglich, ob er das Geld bekommt.
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