Augen auf bei Mietkaufangeboten
Derzeit geistern -mal wieder- verschiedene Modelle für den Mietkauf von Immobilien vor allem durch das Internet. Und auch (mehr oder weniger) unabhängige Finanzberater sind in den Markt mit dem Mietkauf eingestiegen.
Grundsätzlich gibt es dabei aktuell zwei Varianten:
* der Eigentümer einer Immobilie bietet Ihnen statt des “normalen” Kaufs den Kauf auf Mietbasis an * über die Beteiligung z.B. an einer Wohnungsgenossenschaft, erwerben Sie eine Immobilie Ihrer Wahl (die Wohnungsgenossenschaft tritt gegenüber dem Eigentümer als Käufer auf)
Wie funktioniert Mietkauf?
Eigentlich ist es vom Grundgedanken her ganz einfach: Sie kaufen eine Immobilie und statt den Kaufpreis jetzt sofort zu bezahlen, stundet man Ihnen den Kaufpreis z.B. für 1, 2 oder x Jahre. Während dieser Stundungsphase zahlen Sie dem Verkäufer Zinsen und eine Art von Tilgung.
Angebotene Immobilien sind oft “Ladenhüter”
Wenn Sie in Immobilienanzeigen lesen, dass ein Haus oder eine Wohnung auch im Rahmen eines Mietkaufmodells verkauft werden soll/kann, ist Vorsicht angesagt. Hinter vielen Angeboten steckt der eher verzweifelte Versuch, eine Immobilie doch noch loszuwerden, die regulär kein Mensch haben will oder die preislich weit über dem liegt, was sonst für vergleichbare Immobilien zu erzielen ist.
Mietkauf über Wohnungsgenossenschaften
Das Internet wimmelt nur so von Webseiten, in denen das Mietkaufmodell einer süddeutschen Wohnungsgenossenschaft als das Wundermittel für junge Familien, Selbständige und Rentner angeboten wird.
Hinter den meisten Angeboten verschiedener Vermittler verbirgt sich das Angebot einer Wohnungsgenossenschaft, die Interessenten wahre Wunderdinge verspricht. So ist von “Immobilienkauf ohne Schulden” und ähnlichem zu lesen.
Diese Mietkaufangebote zielen vor allem auf junge Familien mit wenig Eigenkapital oder Selbständige ab, die ja -angeblich- gar keine Chance mehr haben, eine Immobilie finanziert zu bekommen. Der grösste Lockvogel an diesen Modellen findet sich dann auch eher in Nebensätzen: Finanzierung ohne Schufa!
Wie soll es funktionieren?
Im Grunde soll das Mietkaufkonzept ähnlich dem Bausparen funktionieren. Zunächst soll der Mietkaufinteressent ein “geringes” (!) Eigenkapital von 10.000- 40.000 Euro einzahlen. Auf Wunsch wird diese Einmalzahlung auch “gestundet” und kann in monatlichen Raten eingezahlt werden. Hinzukommen weitere monatliche Sparleistungen. Irgendwann wird dann der Vertrag “zuteilungsreif” und der Mietkäufer kann sich eine Immobilie aussuchen, die die Wohnungsgenossenschaft für ihn erwirbt und zu einer bestimmten Miete an den Mietkäufer vermietet. Nach 25 Jahren und einer Restzahlung von ca. 50% gehört die Immobilie dann dem Mietkäufer und wird entsprechend übertragen.
Kauf erst in 1, 2 oder mehr Jahren
Wer sich für das Mietkaufmodell entscheidet, muss jetzt die Einzahlung von beispielsweise 20.000 Euro aufbringen, um dann -irgendwann einmal- in den Genuss der sog. “Investitionssumme” zu kommen. Bei 20.000 Euro Soforteinzahlung ergibt sich eine “Investitionssumme” von rund 209.000 Euro. Erst dann kann eine Immobilie erworben werden.
Wer diese Einmalzahlung nicht aufbringen kann, kann diesen Betrag auch Ratenweise einzahlen. Statt zum Beispiel 20.000 Euro sofort einzuzahlen, müssten dann monatlich rund 760 Euro aufgebracht werden - ca. 4 Jahre lang.
Praxiserfahrungen - Fehlanzeige!
Alle Theorie ist grau, sagt man, aber wie sehen diese Modelle in der Praxis aus? Das ist genau das Problem, denn laut unseren Informationen ist bisher noch kein einziger Mietkäufer in seine Wunschimmobilie eingezogen. Und wir haben auch erhebliche Zweifel daran, dass das jemals passieren wird.
Vom Bundesaufsichtsamt (BaFin) geprüft?
In einigen Internetforen wird beispielsweise über die Genotec eG behauptet, dass dieses Unternehmen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) geprüft wurde. Wir haben dort mal nachgefragt und tatsächlich auch den Mitarbeiter ans Telefon bekommen, der die Genotec eG seinerzeit “auf dem Schreibtisch hatte”: dort wurde geprüft, ob man überhaupt für den Genotec eG zuständig ist (z.B. weil die Genotec eG Bankgeschäfte betreibt). Ergebnis: man ist es nicht. Keine Wohnungsgenossenschaft unterliegt der Aufsicht durch die BaFin (was der Mitarbeiter der BaFin sehr bedauerte).
Ansonsten prüft man beim BaFin nur noch, ob die Verkaufsprospekte den gesetzlichen formellen Mindestanforderungen entsprechen. Produkte als solche oder die Unternehmen, die diese Produkte verkaufen, werden beim BaFin nicht auf deren Qualität überprüft. Das ist nämlich nicht Aufgabe des BaFin.
Behauptet ein Verkäufer Ihnen gegenüber, dass beispielsweise die Genotec eG vom BaFin geprüft wurde, fragen Sie ihn einfach, was das BaFin geprüft hat. Will er Ihnen suggerieren, dass das BaFin die Qualität des Produktes oder des Systems geprüft hat, schmeissen Sie in raus!
Warum wir Zweifel haben?
Das ganze System beruht, wie letztlich auch das Bausparen, auf dem Solidar- und Schneeballprinzip. Das bedeutet, dass immer wieder neue Kunden gefunden werden, die in dieses System einzahlen. Nur mit dem Geld, das hereinkommt können Immobilien angekauft werden. Kommen keine oder zu wenig Ansparer dazu, dauert es länger bis der nächste bauen oder kaufen kann. Man muss auch kein Mathematiker sein, um sich auszurechnen, wie viele Ansparer laufend dazu kommen müssen, damit dieses System funktioniert.
Schutz vor Arbeitlosigkeit, Hartz 4 usw. ?
Für das Mietkaufmodell wird unter anderem mit dem Schutz vor Arbeitslosigkeit geworben. Es wird vor allem der Eindruck erweckt, dass die Immobilie bei einer normalen Bankfinanzierung bei Arbeitslosigkeit automatisch weg ist. Und dieser Eindruck ist völlig falsch!
Keine uns bekannte Bank kündigt eine Immobilienfinanzierung automatisch bei Arbeitslosigkeit. Das passiert schon deswegen nicht, weil die finanzierende Bank normalerweise überhaupt nicht mitbekommt, ob einer ihrer Kunden arbeitslos wird (ausgenommen, Sie haben bei der Bank auch Ihr Girokonto). Und selbst, wenn die Bank es erfährt: so lange Sie Ihre Raten zahlen, passiert gar nichts!
Und wenn Sie Ihre Raten nicht mehr zahlen können? Dann wird die Bank Sie ansprechen und versuchen über befristete Aussetzung der Tilgung oder Stundung von Zinsen zu helfen, vorübergehende Engpässe abzufedern. Ist das nicht möglich, weil Besserung nicht in Sicht ist, wird die Bank versuchen, Sie zum Verkauf der Immobilie zu bewegen. Ist ein Verkauf nicht möglich oder kümmern Sie sich nicht darum, droht tatsächlich irgendwann die Zwangsversteigerung. Aber: das passiert nur, wenn erwiesen ist, dass Sie sich die Raten und damit die Immobilie langfristig nicht leisten können.
Und was passiert beim Mietkauf ? Die monatlichen Zahlungen beim Mietkauf sind ähnlich hoch wie die Kreditraten (z.Zt. eher höher). Können Sie sich die Kreditraten nicht leisten, können Sie sich logischerweise auch die Mietkaufzahlungen nicht leisten. Und wahrscheinlich wird Ihnen die Wohnungsgenossenschaft den Mietvertrag schneller kündigen und Sie vor die Tür setzen als eine Bank (da vergehen zwischen der ersten nicht gezahlten Rate und einer Zwangsversteigerung leicht 2 Jahre).
Und was den Schutz bei Hartz 4 (Arbeitslosengeld 2) angeht: ist der Wohnraum in “Ihrem” Haus auf Mietkaufbasis nicht “angemessen”, fliegen Sie auch aus “Ihrem” Haus, denn da sind Sie ja nur Mieter.
Übrigens: für Hausbesitzer gilt unter bestimmten Voraussetzungen beim Arbeitslosengeld 2 in Bezug auf die Kostenübernahme von Wohnraum eine 6 Monate längere Frist als bei Mietern. Das zum “Schutz vor Hartz 4” durch Mietkauf.
Unser Rat:
Das hier beschriebene Mietkaufmodell einer Wohnungsgenossenschaft aus Baden- Württemberg kann für Menschen mit negativen Schufa-Einträgen, für Selbständige mit sehr geringem nachweisbaren Einkommen oder Hausbesitzer mit laufenden Verbraucherinsolvenzverfahren interessant sein. Vorausgesetzt, dass das ganze System überhaupt funktioniert. Denn für diese Personenkreise wäre das Mietkaufmodell nämlich die einzige kleine Chance, um ihre Immobilie “zu retten”.
Für alle anderen, insbesondere wenn sie über das notwendige Eigenkapital für die Soforteinzahlung verfügen, sind solche Mietkaufmodelle völlig überflüssig und bieten keinen Vorteil gegenüber der klassischen Bankfinanzierung (im Gegenteil!).
Die Beteiligung an einer Wohnungsgenossenschaft ist eine hochriskante Unternehmensbeteiligung. Das ändert sich auch nicht dadurch, dass die von uns genannte Wohnungsgenossenschaft sich alle Mühe gibt, sich optisch an das Lager der Volks- und Raiffeisenbanken bzw. Deutschlands grösster Bausparkasse anzulehnen.
Das Risiko der Beteiligung an dieser Wohnungsgenossenschaft ist umso höher als man vor allem Immobilienbesitzer in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen anspricht. Damit ist es unserer Meinung nach nur eine Frage der Zeit, dass Mietausfälle
Auch Selbstständige sollten nicht auf das Gerede dieser Anbieter bzgl. “Basel 2” hereinfallen. Da wird versucht, mit diffusen Ängsten Geschäfte zu machen.
quelle:http://www.baufi-nord.de/html/mietkauf.html
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