NNN vom 08.03.2010 Angst um den Verein Hansa in der Dauerkrise. Finanzielle Engpässe, Probleme mit den Fans, verunsicherte Spieler. Auch in dieser Saison droht dem ostdeutschen Traditionsklub der Absturz in die Bedeutungslosigkeit der 3. Liga.
Heute vor einem Jahr übernahm der mittlerweile schon wieder beurlaubte Andreas Zachhuber das Traineramt von Dieter Eilts mit vier Punkten Rückstand auf den Abstiegs-Relegationsplatz. Zwar gelang dem 47-Jährigen das Wunder einer abermaligen Rettung, in ruhige Gewässer konnte aber auch er die Kogge nicht führen.
Mittlerweile ist sein Co Thomas Finck am Ruder. Aber nach drei weiteren sieglosen Auftritten (insgesamt jetzt acht) schrumpfte der Vorsprung auf den drittletzten Rang auf lediglich zwei Zähler zusammen.
Summa summarum könnte man trotzdem behaupten, dass der FC Hansa sechs Punkte besser dasteht als vor zwölf Monaten. Allerdings ist das eine Rechnung, die so nicht aufgeht. Denn seit Jahren befindet sich der Verein in einer gefährlichen Abwärtsspirale, die bislang nicht gestoppt werden konnte. Weder der "große Verschleiß" an Trainern - Frank Pagelsdorf, Dieter Eilts, Andreas Zachhuber, mit Thomas Finck amtiert jetzt der vierte Coach innerhalb von knapp anderthalb Jahren - noch das Auswechseln sportlicher Führung - René Rydlewicz übernahm das Manager-Amt von Herbert Maronn - erzielten unter dem Strich die erhoffte Wirkung.
Hinzu kommt die seit Jahren angespannte finanzielle Situation. Auch in dieser Saison dürfte ein Defizit in Höhe von rund zwei Millionen Euro zusammenkommen.
Verständlich, dass einigen Fans am Freitagabend nach der Partie gegen Ahlen (0:1) der Kragen platzte, wenngleich die Art und Weise, vermummt und teilweise sehr aggressiv ins Stadion-Foyer stürmen zu wollen, nicht zu tolerieren ist.
"Das waren natürlich dramatische Bilder. Die wünscht man sich nicht. Aber ich kann den Ausdruck der Unzufriedenheit schon verstehen. Nur die Wahl der Mittel, denke ich, war schlecht. Wir haben in diesem Verein genug Struktur, um in Kontakt zu treten und uns auszutauschen, auch kritisch. Das war sicherlich des Guten zuviel", sagte Aufsichtsratsmitglied Torsten Völker.
Gemeinsam mit René Rydlewicz ("Was wir alle merken: Wenn man wie wir im vergangenen Jahr einmal ganz, ganz unten gestanden hat, ist es ganz schwer, wieder nach oben zu kommen. Aber ich habe als Spieler nie aufgegeben und werde das auch als Manager nicht tun") und Marketing-Chef Jörg Hempel ("Ich hatte kein Gefühl der Angst. Es sind vielleicht ein paar Leute dabei, die wild und durcheinander gestikulieren, aber prinzipiell kam der Grundgedanke rüber: Ärger und absolutes Unverständnis, dass es nicht läuft, einfach die Angst um den Verein") konnte er die Massen beruhigen.
Einer jedoch trat nicht vor die Fans: Vorstandsboss Dirk Grabow. Schon seit Monaten bläst dem 39-Jährigen ein heftiger Gegenwind ins Gesicht. Als Chef segnete er alle Entscheidungen mit ab, trägt einen großen Teil der Verantwortung. Zudem schreibt der Klub unter seiner Führung nahezu ständig rote Zahlen. Gut möglich also, dass schon in den kommenden Tagen im Leitungsgremium des Klubs etwas passieren könnte.
"Wir hinterfragen uns im Aufsichtsrat kritisch. Das passiert auch im Vorstand, und der Aufsichtsrat hinterfragt den Vorstand kritisch. Wenn es Entscheidungen gibt, werden wir sie verkünden. Aber das ist momentan nicht aktuell. Und auch wenn es eine Parole ist, gilt es die Kräfte zu bündeln und nicht kopflos über den Platz oder das Vereinsgelände zu rennen. Einfach Ruhe bewahren, Ver-trauen in Thomas Finck und die Mannschaft setzen, dass sie sich da herauszieht", erklärte Torsten Völker.
Spätestens aber nach Saisonende sollte eine wirkliche Zäsur und vor allem eine kritische Aufarbeitung der vergangenen Jahre erfolgen.
Hansa-Idol Stefan Beinlich, am Freitag ebenfalls in der Arena, hat mehrmals unter bestimmten Voraussetzungen seine Mithilfe angeboten und steht weiterhin zu seiner Meinung: "Man braucht mich nur anzurufen."
Wird er der neue, starke Mann, der die Kogge zurück auf den richtigen Kurs bringt?
von André Gericke http://www.fc-hansa.de/index.php?id=132&oid=11053
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