"Asozialste Politik, die jemals gemacht worden ist"
Die Union hat bei den Abschlussberatungen über den Haushalt 2005 die Bundesregierung scharf attackiert. Sie will erneut Klage beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Finanzminister Eichel warf der Opposition vor, für das Finanzdebakel mitverantwortlich zu sein.
Der Bundestag hat Finanzminister Hans Eichel für dieses Jahr eine Rekord-Kreditaufnahme genehmigt. Mit den Stimmen von Rot-Grün billigte das Parlament den Nachtragsetat des Bundes für 2004.
In der Abstimmung stimmten 295 Abgeordnete für den Nachtragshaushalt, 283 lehnten ihn ab. Union und FDP hatten bereits angekündigt, nach der Verabschiedung umgehend Verfassungsbeschwerde gegen den Nachtragsetat einzulegen.
Die Netto-Kreditaufnahme erhöht sich damit von ursprünglich geplanten 29,3 Milliarden Euro auf die Rekord-Neuverschuldung von 43,5 Milliarden Euro. Den bisher höchsten Wert verbuchte 1996 der damalige CSU-Finanzminister Theo Waigel mit rund 40 Milliarden Euro.
Mit scharfen Attacken auf die rot-grüne Finanzpolitik hatte Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz die Haushaltsdebatte im Bundestag zuvor eröffnet. "Das ist Politik auf Kosten unserer Kinder, die sich dagegen mit dem Stimmzettel noch nicht wehren können", sagte Merz in seiner letzten Haushaltsrede. Ende November wird Merz sein Fraktionsamt als Finanzexperte abgeben.
Der Etat 2005 stelle mit seiner Rekordverschuldung "alles in den Schatten, was Sie bisher geboten haben", sagte Merz zu Eichel. Die Union will wegen der hohen Schulden sowohl gegen den Nachtragshaushalt 2004 als auch gegen den Etat 2005 vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagen. "Was Sie da machen, Herr Eichel, ist die asozialste Politik, die in Deutschland jemals gemacht worden ist", schimpfte Merz.
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Eichel verteidigte seine Politik. "Wir werden doch überall in der Welt beneidet um unsere Erfolge", sagte der SPD-Politiker. Zur Ausweitung der Neuverschuldung in diesem Jahr habe es keine Alternative gegeben. Zusätzliche Sparmaßnahmen oder Steuererhöhungen hätten die Konjunkturerholung gefährdet, was dieRegierung nicht wolle.
Eichel bedauerte die Entwicklung der Staatsfinanzen und machte die Opposition für die Misere mitverantwortlich, da sie mehrfach Subventionsabbau blockiert habe.
Der Haushalt 2005 soll nach viertägiger Debatte am Freitag vom Bundestag beschlossen werden, der Nachtrag für 2004 noch am Dienstag. Der Bundeshaushalt 2005 sieht in der vom Haushaltsausschuss überarbeiteten Fassung Ausgaben von 254,3 Milliarden Euro vor.
Die wieder niedrigere Neuverschuldung von 22,0 Milliarden Euro ist nur möglich mit Hilfe veranschlagter Privatisierungserlöse von 17,2 Milliarden Euro. Dazu kommen die umstrittenen Verrechnungen bei den Postpensionskassen.
Da für die Investitionen des Bundes 22,7 Milliarden Euro veranschlagt sind, würde damit die Verfassungsvorgabe knapp eingehalten, wonach die neuen Schulden die Summe der Investitionen nicht übersteigen dürfen.
Die Einhaltung der EU-Defizitgrenze für alle öffentlichen Haushalte von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ist aber nach Einschätzung von Experten fraglich.
Die größten Ausgaben im Bundesetat 2005 betreffen erneut den Schuldendienst und den Bundeszuschuss für die Renten. Beträchtliche Kosten verursacht auch die hohe Arbeitslosigkeit. Einen Ausgabenschwerpunkt setzt Rot-Grün zudem bei Bildung und Forschung.
(AFP/AP/dpa)
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