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von Michael Miersch und Dirk Maxeiner. George Bush, der Schutzpatron aller Geländewagenfahrer, gibt uns schwer zu denken. Jetzt kam heraus, daß die Klimaanlage seiner Ranch nicht etwa mit einem ordentlichen Diesel-Generator betrieben wird, sondern durch die kühlende Brise des Grundwassers. Laura Bush ist ebenfalls auf dem Alternativ-Trip und sammelt Regen und Brauchwasser zur Versorgung ihrer geliebten Wildblumen und Gräser. Wohlgemerkt, es handelt sich hier nicht um ein in der Toskana residierendes, deutsches Soziologenehepaar, sondern um den Präsidenten der USA und seine First Lady, bei denen nach Feierabend die texanische Ölmafia auf der Couch sitzt. Die Welt ist eben voller Überraschungen.
Das mögen sich auch die Grünen diesseits und jenseits des Atlantiks gedacht haben, als Bush seine jüngste Rede zur Lage der Nation hielt. "Amerika ist süchtig nach Öl", meinte er und will die Ölabhängigkeit vom Nahen Osten um 75 Prozent verringern und stärker als bisher auf alternative Energien, vor allem auf Sprit aus pflanzlichen Rohstoffen setzen. Das grüne Weltgewissen war platt - wobei man doch wissen müßte, daß George W. alles zuzutrauen ist. "Spiegel Online" beförderte ihn kurzerhand zum "Neo-Öko".
Wir als bekennende Öko-Neos finden das alles ganz prima. Es kommt ja einiges zusammen. Endlich scheinen die Amerikaner die Nase voll davon zu haben, Ölmilliarden in den Nahen Osten zu überweisen, die dort umgehend in die Berufsausbildung von Terroristen investiert werden. Der Hurrikan im Golf von Mexiko hat den Ölpreis ebenso nach oben getrieben wie der venezolanische Alleinunterhalter Chávez oder Gashahnzu-Putin. Die Schlange vor der Tanke wird ohnehin immer länger, weil jetzt auch viele Millionen Chinesen und Inder anstehen.
Die Preise schießen nach oben wie das Silvesterfeuerwerk 2005, und es schlägt die Stunde der Endzeitpropheten: Die letzten Ölfelder seien bald ausgelutscht, wirtschaftlicher Zusammenbruch und Kriege um die Vorräte die Folge. Ausschließen läßt sich so etwas nie, die historische Erfahrung lehrt aber etwas anderes. Die großen Segelschiffe sind doch nicht verschwunden, weil es keinen Wind mehr gab, sondern weil Dampfschiffe erfunden wurden.
Für Wissenschaftler, Ingenieure und innovative Unternehmer brechen gute Zeiten an. Jeder Dollar mehr für das Barrel ist eine natürliche Subvention für denjenigen, der eine bessere Energie-Idee hat. Der Blick auf die Tankrechnung deprimiert den Verbraucher und motiviert den Visionär. Die Rockefellers der Zukunft üben noch, aber es wird sie geben. Die Mineralölkonzerne haben 2005 fast 100 Milliarden Dollar Gewinn gemacht, und sie wissen im wahrsten Sinne des Wortes nicht, wohin mit ihrem Geld. Staatliche Ölmonopole wie in Saudi-Arabien, im Iran, in Rußland oder Venezuela lehnen westliches Kapital dankend ab - also müssen Alternativen her.
Bei einem Rohölpreis von derzeit über 60 Dollar nähert sich vieles der Wirtschaftlichkeit, was bislang in den Schubladen der Ingenieure schlummerte. Methan-Hydrat unterm Meeresboden, Ölschiefer und Ölsande, Kohleverflüssigung, Biodiesel, Ethanol, Wasserstoff aus Atomkraft, Sonne, Wind oder Algen - vieles ist bereits technisch möglich. Private Investoren werden sehr viel effektiver dafür sorgen, daß sich die richtige Technik am richtigen Platz durchsetzt, als staatliche und oft ideologisch geprägte Lenkungsversuche und Strafsteuern. George Bush fördert die Forschung und vertraut ansonsten auf den Markt. Amerika könnte uns beim alternativen Volltanken durchaus noch die Schau stehlen. Die Exxons dieser Welt sind gewohnt, neunstellige Schecks auf die Zukunft auszustellen, und sie werden es bei weiter steigenden Preisen tun. Dies ist nicht nur für uns, sondern auch für Chinesen und Inder eine frohe Botschaft: Es darf auch morgen noch getankt werden. Eine ganz andere Frage ist, ob alle einen Parkplatz finden.
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