Seine Doping-Beichte löste ein Beben in der Radsportszene aus. Jörg Jaksche wurde für sein mutiges Geständnis von Fahrerkollegen, Managern und Sponsoren gefeiert. Heute will keiner mehr etwas von Jaksche wissen. Die Chefs der deutschen Radställe zeigen dem Aufklärer die kalte Schulter.
Er war ein Held. Der erste Radprofi, der richtig auspackte. Mit seiner Dopingbeichte belastete er nicht nur sich selbst, sondern nannte auch die Namen von Teammanagern, die von ihm Medikamentenmissbrauch forderten. Jörg Jaksche hatte im Sommer mit seinem Geständnis die Radsportwelt ins Wanken gebracht. Viele Fahrerkollegen, Manager und Sponsoren applaudierten - endlich mal einer, der keine Angst hat sich Feinde zu machen und den Dopingsumpf trocken legen will.
Heute, ein halbes Jahr später, will von dem gefeierten Aufklärer kaum jemand noch etwas wissen. Vor allem die Chefs der deutschen Rennställe, die Jaksches Outing in höchsten Tönen gelobt hatten, zeigen dem 31 Jahre alten Franken die kalte Schulter. "Dem einen Vertrag geben?", fragt Gerolsteiner-Boss Hans-Michael Holczer. "Damit brauche ich im Hause Gerolsteiner niemandem zu kommen. Dort ist man nicht zufrieden mit dem Umfang dessen, was Jaksche ausgesagt hat." Zudem belastet noch eine alte Geschichte das Verhältnis zwischen Holczer und Jaksche. Holczer sagt: "2003 hat Jaksche mir gegenüber eine Zusage nicht eingehalten. Da hätte ich bald selbst meinen Job verloren."
Bislang nur ein Lippenbekenntnis Jörg Jaksche will unbedingt wieder fahren. Bis zum 2. Juli 2008 ist er gesperrt, hat aber beim österreichischen Verband, mit dessen Lizenz er startet, Einspruch eingelegt. "Ich will schon im Mai wieder im Sattel sitzen", sagt Jaksche, der in Kitzbühel wohnt und dort allein trainiert.
Ein baldiges Comeback ist mehr als fraglich. Selbst T-Mobile, das sich öffentlich gern als führende Macht im Anti-Doping-Kampf aufspielt, will Jaksche offenbar nicht - auch wenn Manager Bob Stapleton sagt, prinzipiell stehe "die Tür für jeden offen, der den Radsport verändern will. Das gilt auch für Jaksche." Bislang ist das nur Lippenbekenntnis. Teamsprecher Stefan Wagner sagt: "Es gibt zurzeit keine Gespräche mit Jörg Jaksche." Beschlossen ist hingegen die Verpflichtung des zweifelhaft beleumundeten George Hincapie, der jahrelang für US Postal und Discovery Channel fuhr und dort als Helfer des dopingverdächtigen siebenmaligen Tour de France-Siegers Lance Armstrong arbeitete.
Auch bei Milram, für das unter anderem der deutsche Sprinter Erik Zabel fährt, ist Jaksche eine unerwünschte Person. "Ein guter Katholik hätte früher die Absolution bekommen", sagt Gerry van Gerwen, der das Team Milram managt. "Aber heute muss sich der Radsport von Dopingsündern befreien." Der Niederländer hatte mehrfach mit Jaksche über ein Engagement gesprochen, bevor dieser im Juni seine Dopingvergangenheit offen legte. Damals war bereits bekannt, dass Jaksche auf der Kundenliste des spanischen Dopingarztes Eufemanio Fuentes steht. "Er wollte in unsere Mannschaft kommen", erzählt van Gerwen. "Ich habe gesagt: Erst wenn sich herausstellt, dass Du nicht gedopt hast, können wir reden."
Hilfsangebot von Scharping Für Erik Zabel indes scheinen andere Regeln zu gelten. Im Mai hatte Zabel Blutdoping in den 90-er Jahren gestanden - und durfte trotzdem bei Milram bleiben. Ob Jaksche arbeitslos bleibt, liegt nach Ansicht des Sportausschuss-Vorsitzenden Peter Danckert nicht nur an den Teams. "Wenn Jaksche ernsthaft interessiert ist, dann sollte und würde er etwas kriegen können", sagt der SPD-Politiker.
Unterstützung bietet Rudolf Scharping an. Der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR): "Jaksche weiß, wie er mich erreichen kann." Allerdings fordert der frühere Verteidigungsminister und SPD-Chef, dass Jaksche noch umfänglicher aussagt: "Wir wollen ihm helfen, wenn er alles auf den Tisch packt. Die meisten Geständigen reden immer nur über sich und allenfalls noch über Ärzte." Möglicherweise kommt Scharpings Hilfsangebot zu spät für Jaksche. Viele Teammanager haben ihren Kader für die nächste Saison bereits zusammengestellt. Jetzt muss Jaksche wohl auf einen Platz in einer zweitklassigen Mannschaft hoffen.
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