Finanzen der SPD
Kassensturz in der roten Firma
Von Carsten Germis
15. November 2009 Kann eine Partei pleitegehen? Schwebt die SPD in Insolvenzgefahr? Darüber kann SPD-Schatzmeisterin Barbara Hendricks in ihrem Büro im fünften Stock des Berliner Willy-Brandt-Hauses noch lachen. Doch ein bisschen gequält wirkt das Lachen schon. Bei allem Bemühen der ehemaligen Finanzstaatssekretärin, die seit 2007 für die Finanzen der Sozialdemokraten verantwortlich ist, Optimismus zu verbreiten: Die Lage der SPD-Finanzen ist nach der verheerenden Niederlage bei der Bundestagswahl ernster denn je. Die Partei muss sparen.
Auf ihrem Parteitag in Dresden haben die gut 500 Delegierten deswegen an diesem Wochenende den Weg frei gemacht für den Umbau: Vorbei sind die Zeiten, in denen in jedem Kreis mindestens ein hauptamtlicher Parteisekretär die Arbeit der SPD koordinierte. "Aufgabe wird es sein, unsere Strukturen schlanker zu machen", kündigt Hendricks an. Effizienter will man werden. Was Manager in der Krise halt so sagen.
Kosten senken, attraktiver werden
Wie ein Unternehmen, das für seine Waren keinen Absatz mehr findet, muss die Firma SPD einen Weg finden, Kosten zu senken - und gleichzeitig für mehr Wähler wieder attraktiv zu werden. Schatzmeisterin Hendricks war schon am Wahlabend klar, dass die Niederlage, die der SPD gerade einmal 23 Prozent der Stimmen bescherte, Konsequenzen haben muss. Gleich am nächsten Morgen ließ sie ausrechnen, wie viel in der SPD-Kasse von 2010 an an staatlicher Parteienfinanzierung fehlen werden. Wie viel Geld eine Partei aus der Staatskasse bekommt, hängt maßgeblich von der Zahl der Stimmen ab, die diese Partei erhält. Und die sinkt bei der SPD seit Jahren rapide (siehe Grafik).
43,5 Millionen Euro bekam die SPD in diesem Jahr noch vom Staat. In den nächsten Jahren werden es gut 3,5 Millionen Euro weniger sein. 2,5 Millionen fehlen dann Jahr für Jahr in Hendricks' Kasse, eine Million in den Kassen der Landes- und Bezirksverbände.
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Nicht nur der Partei fehlen die Mittel, es gibt in vielen Gegenden auch keine sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten mehr, die dort mit Wahlkreisbüros Flagge zeigen. Die Bundestagsfraktion ist von 222 auf 146 Abgeordnete geschrumpft.
Damit fehlen Hendricks nicht nur die sogenannten Mandatsträgerabgaben - monatlich zahlen Abgeordnete 130 Euro an den Parteivorstand. Auch die Fraktion hat weniger Geld. Für jeden Abgeordneten gibt es im Monat 6988 Euro; es fehlen der SPD-Fraktion also monatlich mehr als eine halbe Million Euro.
Hunderte Mitarbeiter haben ihren Job verloren
Noch dramatischer ist, dass Hunderte Mitarbeiter in den Bundestags- und Wahlkreisbüros ihre Jobs verloren haben und die SPD ihnen nirgendwo Ersatz bieten kann. Fast 15 000 Euro kann ein Abgeordneter im Monat für Mitarbeiter ausgeben, vom Büroleiter bis zur Sekretärin. Rund 53,7 Millionen Euro stehen damit seit der Wahl nicht mehr zur Verfügung, um diese Stellen an jüngere Parteimitglieder in Berlin oder - und das schmerzt die SPD besonders - in den Wahlkreisen zu vergeben.
Weniger Geld, weniger Personal, und eine Ende der Misere ist nicht in Sicht. Anders als Union und FDP bekommen die Sozialdemokraten kaum Spenden aus der Industrie oder von vermögenden Privatpersonen. In der SPD machen Spenden im Schnitt gerade einmal acht Prozent der Einnahmen aus, in CDU und CSU waren es durchaus schon einmal 22 Prozent, in der FDP sogar 36 Prozent. Hendricks erwartet nicht, dass die Unternehmen ihr Herz nun ausgerechnet für eine SPD in der Opposition entdecken und großzügiger in ihre Kasse spenden.
Ihre Hoffnung für die Zukunft ruht eher auf den zahlreichen Beteiligungen der SPD an Zeitungen oder Rundfunkstationen. Die haben sogar 2008 noch fast zwölf Millionen Euro an Einnahmen für die Partei gebracht.
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Doch es gibt ein Problem: Union und FDP sind die Geschäfte der SPD schon lange ein Dorn im Auge. Beide forderten in ihren Wahlprogrammen, solche Unternehmensbeteiligungen künftig zu verbieten. "Wir stellen gemeinsam mit den Ländern die wirtschaftlichen Beteiligungen von Parteien an Rundfunksendern, Zeitungsverlagen und anderen meinungsbildenden Medienunternehmen auf den Prüfstand", hieß es im ersten Entwurf der schwarz-gelben Koalitionsvertrags. Später strichen Union und FDP das zwar wieder, aber gestorben ist die Idee damit noch nicht. "Die können auf Ideen kommen, wie sie wollen, wenn sie sich unbedingt blamieren wollen", sagt Hendricks. Sie weiß aber auch: Sollte die Koalition ernst machen, hätte das bittere Folgen für die SPD.
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