www.wiwo.de/finanzen/neue-widersprueche-bei-solar-millennium-423202/ Die in die Kritik geratene Solar Millennium wollte mit dem Jahresergebnis 2009 groß auftrumpfen. Doch aus dem Befreiungsschlag wurde nichts. Der Geschäftsbericht des Erlanger Unternehmens enthält merkwürdige Widersprüche. Als Solar Millennium am Dienstag den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2008/2009 präsentierte, klang alles nach eitel Sonnenschein. Vom "besten Ergebnis der Unternehmensgeschichte" war in München die Rede. Der neue Vorstandsvorsitzende und frühere EnBW-Chef Utz Claassen, seit Jahresanfang auf dem Chefposten des Erlanger Solarthermie-Unternehmens, verkündete gute Zahlen: Der Umsatz war wie angekündigt von 32 auf 201 Millionen Euro gestiegen. Der Gewinn sprang von 11 auf 43 Millionen Euro. Doch die Prognose enttäuschte. Solar Millennium hatte im Vorfeld ein Plus von 50 Prozent bei Umsatz und Gewinn im laufenden Geschäftsjahr bis Oktober 2010 angekündigt. Aktionäre und einige Analysten waren also davon ausgegangen, dass der Gewinn auf 65 Millionen Euro steigen werde. Daraus wird wohl nichts. Bei der Vorlage der Zahlen stellte Solar Millennium klar, dass sich das Wachstum auf das um einen Sondereffekt bereinigte Vorjahresergebnis bezieht. Statt 65 Millionen Euro, werden 2010 nur 45 Millionen Euro Gewinn angepeilt. Anleger und Analysten waren überrascht. Der Kurs der Solar Millennium Aktie fiel im Laufe des Dienstag von 35 auf fast 30 Euro. Im Januar hatte der Kurs noch bei mehr als 44 Euro gelegen, war dann jedoch nach einem Bericht der WirtschaftsWoche über kreative Bilanzierung und mögliche Probleme im operativen Geschäft unter Druck geraten. Verkauf der Ibersol-Anteile an Ferrostaal scheinbar geplatzt Der aktuelle Geschäftsbericht enthält aber einen weiteren Widerspruch, der den meisten Anlegern bislang entgangen sein dürfte. Im November 2009 hatte Solar Millennium vermeldet, dass Ende Oktober die Anteile am geplanten spanischen Kraftwerk Ibersol komplett verkauft worden seien. "Die Veräußerungen standen unter Gremienvorbehalt und unterlagen aufschiebenden Bedingungen, die erst gestern Abend eingetreten sind", hieß es in der Mitteilung vom 18. November 2009. 50 Prozent der Anteile seien an den Essener Industriedienstleister Ferrostaal verkauft worden. Weitere 50 Prozent an ein neugegründetes Unternehmen, die Ibersol Kraftwerks GmbH. An der sind zu gleichen Teilen Solar Millennium selbst und ein Schweizer Unternehmen mit dem Namen Cross Capital aus der Steueroase Zug beteiligt. Merkwürdig: Im nun veröffentlichten Geschäftsbericht ist vom Verkauf von 50 Prozent der Ibersol-Anteile an Ferrostaal nicht mehr die Rede. Selbst wenn Solar Millennium den Verkauf erst im November berücksichtigt hätte, also nach Ende der Berichtsperiode, hätte dieser dort eigentlich auftauchen müssen. Denn Solar Millennium nennt im Geschäftsbericht auch alle später erfolgten wesentlichen Vorgänge. Scheinbar ist der Verkauf der Ibersol-Anteile an Ferrostaal also geplatzt. Das wäre eine bittere Enttäuschung. Noch im November 2009 hatte Finanzvorstand Thomas Mayer gesagt: "Durch den plangemäßen Einstieg der Investoren ins Projekt Ibersol haben wir einen weiteren und wichtigen Meilenstein unserer Jahresplanung für das Geschäftsjahr 2008/2009 erreicht." Sprecher von Solar Millennium und Ferrostaal sahen sich nicht in der Lage, zeitnah zu den Widersprüchen zwischen der Unternehmensmitteilung und dem Geschäftsbericht von Solar Millennium Stellung zu nehmen. Sobald diese Stellungnahmen vorliegen, werden wir diese berücksichtigen. Solar Millennium sucht InteressentenNun sucht Solar Millennium für das spanische Ibersol-Kraftwerk neue Interessenten. Wer das sein soll, ist unklar. So heißt es im Geschäftsbericht an einer Stelle, dass Investoren Interesse haben könnten, "in das Projekt Ibersol nach dem Vorbild von Andasol 3 einzusteigen". Andasol 3 ist ein weiteres spanisches Solarthermiekraftwerk, das Solar Millennium geplant hat. Im Juli 2009 waren die Stadtwerke München und die Energieunternehmen RheinEnergie und RWE Innogy bei Andasol 3 eingestiegen. Außerdem können sich Privatinvestoren über einen geschlossenen Fonds beteiligen. An anderer Stelle im Geschäftsbericht erklärt der Finanzvorstand Thomas Mayer: "Für unser viertes spanisches Kraftwerksprojekt Ibersol werden wir voraussichtlich auch wieder einen Fonds anbieten." Privatanleger dürften die Widersprüche, vor allem der offenbar geplatzte Ferrostaal-Einstieg bei Ibersol, jedenfalls stutzig machen. Schon in früheren Jahren hatte Solar Millennium davon berichtet, dass die General-Electric-Tochter GE Energy Financial Services bei einem Tochterunternehmen, der Solar Millennium Beteiligungs GmbH, eingestiegen sei. Tatsächlich war es dazu nie gekommen. Da die Aktie von Solar Millennium nur im Freiverkehr der Deutschen Börse gelistet ist, muss das Unternehmen seine Mitteilungen nicht korrigieren - selbst wenn sich diese später als falsch herausstellen. Zumindest das machen die Erlanger auch im neuen Geschäftsbericht klar: "Die Gesellschaft übernimmt keine Verpflichtung, die in diesem Bericht enthaltenen zukunftsorientierten Aussagen auf Grund neuer Informationen oder zukünftiger Ereignisse zu aktualisieren." Wie sich nun wohl erneut gezeigt hat, ist das keinesfalls nur eine hypothetische Warnung, sondern für Privatanleger ein konkretes Problem.
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