Schaeffler umgeht Meldepflicht 15. Jul 10:32
Mit Hilfe einer Bankengruppe hat sich das fränkische Unternehmen schon ein Drittel der Aktien des Autozulieferers gesichert. Gegen den Übernahme-Coup formiert sich Widerstand bei Politikern und Gewerkschaften.
Die Schaeffler-Gruppe soll mittels Optionen bereits einen Anteil von etwa 30 Prozent an dem Dax-Konzern Continental gesichert haben. Eine Gruppe internationaler Banken habe Aktien des Autozulieferers gekauft und Schaeffler mit Optionen ausgestattet, berichteten deutsche Zeitungen am Dienstag.
» Familienfirma Schaeffler greift nach Continental Laut einer Meldung des «Handelsblatts» hält der Wälzlagerhersteller aus Franken bereits 36 Prozent an Continental, die «Financial Times Deutschland» und die «Hannoversche Allgemeine» nannten einen Anteil von 30 Prozent. Mit der Zwischenschaltung der Banken sei es Schaeffler gelungen, die Meldepflichten für derartige Börsengeschäfte zu unterlaufen, hieß es.
Händler: «Nur noch eine Frage des Preises»
Die Übernahme von Continental ist einem Händler zufolge wohl nur noch eine Frage des Preises. «Mit dem über Optionen gesicherten Anteil von 36 Prozent wird Schaeffler keinen Rückzieher mehr machen», sagte der Börsianer. «Anleger können also jetzt bereits mit einem Squeeze-out planen, da davon auszugehen ist, dass Schaeffler Conti von der Börse nehmen wird.»
Bei einem Squeeze-Out zwingt der Hauptaktionär die verbliebenen Aktionäre aus dem Unternehmen. Positiv für Anleger sei zudem, dass die Experten der Credit Suisse geraten hätten, Conti-Aktie nicht unter einem Preis von 100 Euro abzugeben.
Deutlicher Kurssprung am Dienstag
Ein weiterer Marktteilnehmer hält die kurzfristige Abgabe eines Pflichtangebots für sicher. Der genaue Zeitpunkt sei angesichts der Sicherung der Anteile über Optionen und deren Verteilung über verschiedene Bankinstitute allerdings noch offen. Zunächst dürfte die Aktie in Richtung des volumengewichteten Durchschnittskurses der vergangenen drei Monate laufen, der auch der Höhe des Pflichtangebotes entspräche. Am Dienstagmorgen stieg die Aktie von Continental an der Frankfurter Börse um sieben Prozent auf rund 70 Euro.
Analyst Daniel Schwarz von der Commerzbank erinnert das Vorgehen an Porsche und deren Beteiligung an Volkswagen. Schaeffler habe mit Hilfe der Optionsgeschäfte die Pflichtmitteilungen zum Anteilsbesitz vermieden. Würden diese ausgeübt, verfüge Schaeffler wohl über die Kontrollmehrheit von 30 Prozent und müsse ein Pflichtangebot in Höhe von mindestens 71,20 Euro vorlegen. Schwarz erwartet weiter positives Momentum der Aktie und belässt seine Empfehlung bei «Buy» mit Ziel 92 Euro.
«Zerschlagung von Continental verhindern»
In Niedersachsen formiert sich der Widerstand gegen die Übernahme. Ministerpräsident Christian Wulff sagte der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung»: «Wir betrachten die Entwicklung sorgenvoll.» IG-Metall-Bezirksleiter Hartmut Meine sagte der Zeitung: «Wir werden mit allen Mitteln verhindern, dass ein völlig intransparentes Unternehmen möglicherweise Continental übernimmt und zerschlägt.»
Auch die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie äußerte sich besorgt. Die Schaeffler-Gruppe sei «nicht an Nutzfahrzeugreifen und Autoreifen interessiert», sagte ihr Vorstand Werner Bischoff der in Hannover erscheinenden «Neuen Presse». «Wenn, dann ist Schaeffler an Automotive Systems interessiert. Also würde sich sehr schnell die Frage nach der Reifensparte stellen», sagte Bischoff, der bei Continental stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender ist.
Manager treffen sich bald
Conti hatte am Montag bestätigt, dass es Ende vergangener Woche ein erstes Gespräch mit dem Familienunternehmen gegeben habe. In einer Mitteilung für die Börse hieß es, sobald die Schaeffler-Gruppe ihre Überlegungen «substantiiert» habe, werde der Conti-Vorstand diese prüfen und über die Ergebnisse informieren. Laut «Financial Times Deutschland» wollen sich die Manager der beiden Unternehmen in Kürze zu einem weiteren Gespräch treffen. (AP/dpa)
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