Bin zwar nicht learner - hätte da allerdings auch eine Antwort darauf, oder besser gesagt, eine Meinung zu.
(hab übrigens gerade mal ein bischen was von Ihm gelesen - ganz interessant - eine Ähnlichkeit erschließt sich mir allerdings nicht ganz - aber andere können sowas u.U. besser beurteilen als man selbst)
Deine Frage, ob man dann dagegen anshorten soll, ist nicht ganz unberechtigt.
Ich persönlich halte die Denkweise: "Katastrophen überall - also shorten was das Zeug hält" für ebenso gefährlich, wie die Denkweise: "Die Notenbanken werden die Märkte mit Geld überfluten, also strong long"
So einfach ist es nicht.
Mit neuen Katastrophenmeldungen und einer weiteren Verschärfung der Schuldenkrise ist jederzeit zu rechnen. Wir stehen da noch längst nicht am Ende.
Die größte Gefahr für shorts geht dabei im Augenblick sicherlich von möglichen Stimulanzmaßnahmen der Notenbanken aus - absolut richtig.
Aber! Mal abgesehn von der Frage, ob und wann solche Aktionen überhaupt kommen, ist es m.M. nach mittlerweile keineswegs mehr als sicher anzusehen, in welchem Ausmaß und mit welcher Nachhaltigkeit neue geldpolitische Maßnahmen zu steigenden Assetpreisen führen würden - wenn sie denn kommen.
Nach QE1, QE2 und den beiden Tender-Operationen der EZB konnte man deutlich sehen, wie in der Folge die Indizes gestiegen sind.
Was aber gleichzeitig auffällt, wenn man auf diese Ereignisse chronologisch zurückblickt, ist dass die Stärke dieser Effekte und die zeitliche Dauer von Aktion zu Aktion abgenommen haben! Die Wirkung der beiden EZB Tender auf die Aktienmärkte hielt nur noch gerade mal ein Viertel-Jahr an! Stimulierende Maßnahmen der Zentralbanken weisen ab einem bestimmten Punkt einen abnehmenden Grenznutzen auf. Vereinfacht gesagt, ab einem bestimmten Punkt nützt jeder weitere Dollar/Euro weniger, als der Dollar davor. Die Entwicklung Japans gibt dafür m.E. eine hervorragende Fallstudie ab.
Dieser Punkt mag bei uns nun möglicherweise ebenfalls erreicht/überschritten sein.
Auch den Notenbankern dürfte dieser Zusammenhang aufgefallen sein - ein weiterer Grund, warum sie nach meiner Einschätzung mit weiteren Maßnahmen sehr restriktiv umgehen werden.
Ein weiterer Gesichtspunkt sind die hohen Bankeinlagen, die bei der EZB gehalten werden und ständig auf neue Rekordstände springen. Die Liquiditätshilfen der EZB sind folglich gar nicht in irgendwelche Assetklassen und auch nicht in die Wirtschaft geflossen - zumindest nicht in bedeutendem Maße. Die Kursteigerungen der Indizes scheinen also weniger unmittelbar durch die günstigen Notenbankgelder sondern vielmehr allein durch die Erwartung, dass diese Gelder in die Wirtschaft und/oder die Aktienmärkte flössen, getragen zu sein.
Es stellt sich mir insofern die Frage, inwieweit sich die Entäuschung dieser Erwartung nun auf die Wirkung möglicher weiterer Notenbankaktionen auswirken könnte.
Anders gedacht könnte man u.U. nun aber in den gebunkerten Einlagen auch erhebliches Potenzial erkennen wollen. Es könnte theoretisch ja noch in die Aktienmärkte fliessen.
Dann müsste man sich allerdings auch die Frage stellen, warum das bisher noch nicht geschehen ist, weder bei 5.900 Anfang des Jahres noch während des Verlaufes der gesammten Jahresanfangsrally bishin zu knappen 7.200. zu welchen Kursen soll denn dann eigentlich gekauft werden?
Man weiß ja auch gar nicht, ob und für welchen Verwendungszweck diese freien Mittel bereits irgendwo eingeplant sind? Sind es dringend benötigte Liquiditätsreserven? Werden sie als Sicherheitspolster für etwaige Verluste bei dem Zahlungsausfall von Eu-Ländern bereit gehalten? Müssen damit in größerem Umfang Target2 Forderungen beglichen werden? Gibt es möglicherweise sonstige wahrscheinliche Verlustpositionen, die damit abgefedert werden müssten?
Darüber kann man letztlich nur Mutmaßungen anstellen - es erscheint jedoch zumindest fraglich, ob und in welchem Umfang da noch Gelder in die Aktienmärkte fließen.
Interessant könnte in diesem Zusammenhang noch der Umstand sein, dass die EZB nun vergangene Woche den Einlagenzinssatz auf 0% gesenkt hat. Dies dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach zu geringeren Bankeinlagen bei der EZB führen. Ein Sinken dieser Bankeinlagen sähe optisch auf den ersten Blick zwar zunächst mal gut aus. Ob das abgezogene Geld dann allerdings in die Aktienmärkte oder die Wirtschaft flösse steht freilich auf einem anderen Blatt. Irgendwo muss es ja hinfliessen, aber nicht unbedingt dorthin wo man es gerne hätte oder vermuten mag.
Die Reichweite der Wirkung neuerlicher geldpolitischer Maßnahmen erscheint mir somit insgesamt schwer abzuschätzen. Ich selber gehe allerdings zumindest davon aus, dass sich die Entwicklung abnehmenden Grenznutzens weiter fortsetzen dürfte.
Des weiteren darf man nicht vergessen, dass solche geldpolitischen Maßnahmen lediglich einen gewissen Zeitgewinn verschaffen, die Probleme jedoch in keiner Weise lösen!
Dieser Zeitgewinn wird dabei gleichzeitig mit einer erheblichen Vergrößerung der Risiken teuer erkauft!
Was heißt das alles nun im Ergebnis?
Wer short geht, muss damit rechnen, dass noch die ein oder andere geldpolitische Maßnahme erfolgen könnte, die den Märkten zumindest für eine gewisse Zeit starken Aufwärtstrieb verleihen könnten.
Wer aufgrund solcher Maßnahmen long geht darf sich davon aber ggf. auch nicht zuviel versprechen - die Wirkung könnte schneller verpuffen, als man gedacht hat.
Keiner weiß, ob der typische "Crack-Up-Boom", den wir seit 2009 erleben, noch in eine weitere Erholungsphase gerät, und wie lange diese Anhalten könnte, bevor es richtig crasht. (Solche Phasen können u.U. weitaus länger andauern, als man es für möglich halten mag - auch hierfür gibt der Vergleich mit Japan ein gutes Beispiel ab)
Gerade in solchen Zeiten ist es m.E. wichtig, flexibel zu bleiben, striktes Risikomanagement zu betreiben, und entsprechend schnell reagieren zu können, wenn man sich an den Märkten beteiligen möchte.
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