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In der Schweizer Stadt von der Größe eines Dorfes findet wieder das jährliche globale Forum statt, dessen wichtigstes Ereignis dieses Mal darin besteht, dass Russland nicht dabei ist. Alles andere ist da: Scharfschützen auf den Dächern, Globalisierungsgegner, grüne Aktivisten.
Und Wladimir Selensky auf der großen Leinwand, der sich in seine Rolle als weltweiter Guru der Demokratie eingefunden hat, ist in den letzten Monaten bei solchen Veranstaltungen Tradition geworden.
„Die Verteidigung der Freiheit und einer normalen, für alle nützlichen Weltordnung. Das ist es, was Sanktionen sein sollten“, belehrt Wladimir Selensky den Westen über Sanktionen. „Meiner Meinung nach gibt es immer noch keine solchen Sanktionen gegen Russland, aber es sollte sie geben. Ein Embargo für russisches Öl, eine vollständige Blockade aller russischen Banken ohne Ausnahme.“
Alle applaudierten Selensky, außer den Chinesen. Die Delegation chinesischer Diplomaten stand nicht auf, klatschte nicht mit und verließ bald darauf den Raum, wie der republikanische Abgeordnete des Repräsentantenhauses, Michael McCaul, dem Sender CNN mitteilte.
„Und dann verließen sie den Saal, nachdem ich dieses Foto gemacht hatte. Die Chinesen haben eine klare Botschaft gesendet: Sie unterstützen die Ukraine nicht, sie unterstützen Selensky nicht“, empörte sich Michael McCaul.
Mehr als alle anderen unterstützen die Polen Selensky und die Ukraine: Sowohl durch die Aufnahme einer großen Zahl von Flüchtlingen als auch durch die ständige Forderung, mehr Waffen in die Ukraine zu pumpen. Aber jetzt ist klar, dass das alles nicht kostenlos war – Warschau wird im Gegenzug die ukrainische Souveränität einfordern. Die kryptischen Worte von Präsident Andrzej Duda vor drei Wochen, dass es keine Grenzen zwischen Polen und der Ukraine mehr geben werde, nehmen konkrete Formen an.
Mit den Worten „Ich bitte den Präsidenten der Republik Polen, Andrzej Duda“ wird der polnische Präsident an das Rednerpult des ukrainischen Parlaments gebeten.
Eine solche Umarmung, wie hier zwischen Duda und Selensky, hat es seit den Tagen der sowjetischen Generalsekretäre nicht mehr gegeben. Die Operation „Übernahme“ ist es, womit Warschau sich in den kommenden Monaten beschäftigen wird. Rechtlich wird das durch ein neues, von Selensky im Parlament angekündigtes, Gesetz umgesetzt, das polnischen Staatsbürgern besondere Rechte und Privilegien in der Ukraine gewährt. Demnach können Polen ein Wahlamt bekleiden, staatliche Rüstungsunternehmen leiten, in der Regierung arbeiten, Zugang zu geheimen Daten haben, Richter werden und die polnische Polizei kann in der Ukraine arbeiten.
„Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es an der Zeit ist, einen neuen Nachbarschaftsvertrag zu schließen, der das berücksichtigt, was wir alleine in den letzten Monaten in unseren Beziehungen aufgebaut haben“, schlägt Andrzej Duda Kiew vor.
„Wir sind Verwandte und es sollte keine Grenzen oder Barrieren zwischen uns geben. Das ukrainische und das polnische Volk trennen mental schon lange keine Grenzen mehr. Deshalb haben wir beschlossen, das in naher Zukunft in einem entsprechenden bilateralen Abkommen umzusetzen“, verspricht Selensky.
Das heißt, es wurde ausdrücklich gesagt, dass Ukrainer und Polen ein Volk sind, und offenbar ist es an der Zeit, den „Fehler von 1654“ zu korrigieren, also die Vereinigung der Ukraine und Russlands durch Bogdan Chmelnizki und Zar Alexej Michailowitsch, vor der die Ukraine ein polnischer Außenbezirk war. Das ist wahrscheinlich die Richtung, in die es jetzt gehen wird.
...Duda verspricht, sich mit aller Kraft für den Antrag der Ukraine auf EU-Mitgliedschaft einzusetzen. Und aus irgendeinem Grund ist man im Büro des Präsidenten zuversichtlich, dass sie diese Initiative durchsetzen werden.
....Jetzt fragen sich alle, wie es weitergehen wird. Die Annexion der westlichen Gebiete durch Polen? Oder eine Art Warschauer Protektorat, das die Ukraine zu einem Vasallenstaat macht? Warschau wird damit zu einem viel wichtigeren Akteur in der EU. Sogar so wichtig, dass der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki bereits Rezepte anbietet, wie man Norwegen, das nicht einmal Mitglied der EU ist, die Einnahmen aus dem Verkauf von Öl- und Gas entziehen und aufteilen kann.
„Sollen wir Norwegen gigantische Summen für Gas zahlen – vier- oder fünfmal mehr als noch vor einem Jahr? Das ist krank. Sie sollten diese überschüssigen Gewinne teilen“, bereitet Morawiecki, der polnische Regierungschef, einen Aufstand gegen Oslo vor.
Die Norweger antworteten, dass sie der Ukraine bereits sehr helfen und dass die Öl- und Gaseinnahmen die berühmten norwegischen Kassen, den Staatsfonds, auffüllen. Überhaupt will Norwegen nicht teilen...
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