"Bei Kriegsverbrechen kommt es ganz darauf an[sic!] wer diese begeht."
Was für ein Ziel wollen wir erreichen?
Ich fälle kein Urteil darüber, wer gut oder böse ist, wer der Nazi, wer Nicht-Nazi oder was auch immer ist. Das ist nicht die Frage. Die Frage ist: Was für ein Ziel wollen wir erreichen?
Und wir sehen, dass das Problem des Westens im Moment darin besteht, dass wir mit all diesen Sanktionen und all dem dazu neigen, auf uns selbst zu schießen, so dass es nach hinten losgeht. Alles, was wir tun, geht nach hinten los.
Und ich komme zu dem Punkt, an dem ich mich frage: Was wollen wir wirklich erreichen? Und das sollte der Hauptgedanke der Zivilgesellschaft sein: Was wollen wir erreichen?
Baud: Ja, absolut. Ich denke, ob seine Entscheidung klug war oder nicht, ist ein Thema, das über meine Diskussion hinausgeht. Aber das Problem ist, dass wir, wenn wir die Entscheidung Putins beurteilen, dazu neigen, eine Menge Fakten, die seine Entscheidung erklären, außer Acht zu lassen.
https://laufpass.com/politik/ukraine-gut-russland-schlecht/Jacques Baud: Ich kenne die Region, um die es jetzt geht, sehr gut. Ich war beim EDA [Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten] und in dessen Auftrag fünf Jahre abkommandiert zur Nato im Kampf gegen die Proliferation von Kleinwaffen. Ich habe Projekte in der Ukraine nach 2014 betreut. Das heisst, ich kenne Russland, auf Grund meiner ehemaligen nachrichtendienstlichen Tätigkeit, die Nato, die Ukraine und das dazugehörige Umfeld sehr gut. Ich spreche russisch und habe Zugang zu Dokumenten, die nur wenige Menschen im Westen anschauen.
Sie sind ein Kenner der Situation in und um die Ukraine. Ihre berufliche Tätigkeit brachte Sie in die aktuelle Krisenregion. Wie nehmen Sie das Geschehen wahr?
Es ist verrückt, man kann sagen, es herrscht eine regelrechte Hysterie. Was mir auffällt und was mich sehr stört, ist, dass niemand die Frage stellt, warum die Russen einmarschiert sind. Niemand wird einen Krieg befürworten, ich sicher auch nicht. Aber als ehemaliger Chef der «Friedenspolitik und Doktrin» des Uno-Departements für friedenserhaltende Operationen in New York während zwei Jahren stelle ich mir immer die Frage: Wie ist man zu diesem Punkt gekommen, Krieg zu führen?
Was war Ihre Aufgabe dort?
Es ging darum zu erforschen, wie es zu Kriegen kommt, welche Elemente zu Frieden führen, und was man tun kann, um Opfer zu vermeiden bzw. wie man einen Krieg verhindern kann. Wenn man nicht versteht, wie ein Krieg entsteht, dann kann man keine Lösung finden. Wir sind genau in dieser Situation. Jedes Land erlässt seine eigenen Sanktionen gegen Russland, und man weiss genau, das führt nirgends hin. Was mich dabei besonders schockiert hat, ist die Äusserung des Wirtschaftsministers in Frankreich, man wolle die Wirtschaft Russlands zerstören mit dem Ziel, die russische Bevölkerung leiden zu lassen. Das ist eine Aussage, die mich äusserst empört.
https://www.schweizer-standpunkt.ch/...nd-enger-zusammenarbeiten.html