Die tatsächliche Lage der amerikanischen Wirtschaf
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Dr. Kurt Richebächer, früher Chefökonom der Dresdner Bank, hielt die folgende Rede auf einem Seminar der EIR-Nachrichtenagentur am 5. November 2001 in Berlin. Wir haben den Text hier etwas gekürzt. Die ganze Rede wird in einem EIRNA-Bericht zusammen mit den anderen Beiträgen veröffentlicht werden.
Wahn und Wirklichkeit
Die tatsächliche Lage der amerikanischen Wirtschaft
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
-- à propos Generationen. Ich bin groß geworden in einer Zeit, als die Volkswirte die Aufgabe hatten, nachzudenken. Sie müssen bedenken: Die alte Generation hatte wenig Statistik zur Verfügung, und schon das zwang zum Denken. Aber besonders unter amerikanischem Einfluß hat die Statistik so sehr um sich gegriffen, ist so überwältigend geworden, daß das Denken vollkommen aufgehört hat. Das intellektuelle Niveau in der ökonomischen Diskussion ist heute für mich das niedrigste seit 200 Jahren (vor etwas über 200 Jahren erschien Adam Smith mit seinem Wealth of Nations). Die Amerikaner haben schon in den 20er Jahren die Theorie aufgegeben. Es gibt nicht einen großen amerikanischen Nationalökonomen; es gibt jede Menge Nationalökonomen aus England, aus Schweden, aus Österreich -- aber nicht einen aus Amerika. Nun zur Sache.
Nach herrschender Meinung hat die amerikanische Wirtschaft in den vergangenen Jahren eine große Renaissance erlebt, die Wunder der Produktivität und der Gewinne vollbracht hat. Ich habe die Sache immer im Auge behalten, und ich habe festgestellt, daß die Wunder im Grunde nur in der Statistik, aber überhaupt nicht in der Wirtschaft stattgefunden haben.
Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Die Gewinnentwicklung der letzten Jahre ist die mieseste der gesamten Nachkriegszeit. Jetzt werden Sie fragen: "Wie ist denn das möglich?" Das kann ich Ihnen sehr einfach sagen: Es gibt in dieser Sache zwei Zahlenreihen -- "Reihe" ist schon übertrieben: es gibt eine Reihe, und das andere ist Stückwerk. Also: Das worauf jeder schaut, was Schlagzeilen macht, das sind die Berichte der Unternehmen. Und diese Berichte sind in einem Maße frisiert, daß sie keinerlei Beziehung zur Realität haben. Die Amerikaner sind heute an dem Punkte, wo die Unternehmen sogenannte Pro-forma-Gewinne mitteilen. Pro-forma-Gewinne sind errechnete Gewinne, bei denen jede beliebige Kostenart weggelassen wird, vor allen Dingen Zinskosten und Abschreibungen, die ausgegliedert werden nach dem Motto, diese Kosten spiegelten nicht die organische Entwicklung wider. Vodafone machte neulich Schlagzeilen: "Gewinnanstieg 40%." Das war aber nur der "EBITDA-Gewinn", das heißt Einnahmen ohne Zinsen, ohne Steuern, ohne Abschreibungen, ohne Amortisation.
Außerdem müssen Sie eines bedenken: Warum führen die amerikanischen Unternehmen alle diese Akquisitionen und Mergers durch? Das Ziel besteht darin, Gewinne zu kaufen. Die wollen keine Synergien. Die wollen Gewinne kaufen, und diese werden dann dem eigenen Gewinn zugeschlagen. Das macht man zehn Mal im Jahr. Dann wird das extrapoliert, und Sie erhalten die wunderschönsten Gewinnkurven und bewundern die ungeheure Rentabilität der amerikanischen Wirtschaft. Mich stört, daß nicht ein Mensch aufsteht und sagt: "Das ist doch alles Quatsch."
Denn es gibt eine andere Zahlenreihe. Und das ist die Zahlenreihe, an die ich mich als Volkswirt halte. Das ist die Zahlenreihe der amtlichen Statistik, der amtlichen Sozialprodukt- und Einkommensstatistik. Die kommt jeden Monat heraus und ist sehr ausführlich. Da können Sie, aufgeteilt nach 20 Branchen, in Details die Zahlen haben -- und dies sind die Zahlen, nach denen ich mich richte.
Tatsache ist folgende: Die amerikanischen Gewinne sind scharf angestiegen von 1990, der Rezession, bis 1994. Mehr als 50% dieses Gewinnanstiegs von insgesamt 66% kam von Zinssenkungen. Der Rest kam von fallenden Abschreibungen, die ihren Grund darin hatten, daß die amerikanische Wirtschaft Ende der 80er Jahre aufgehört hatte zu investieren. Und das übersetzte sich jetzt in sinkende Abschreibungen, sinkende Zinsen und explodierende Gewinne. Aber der Gewinnanstieg hörte bereits im Jahre 1994 auf.
In den nächsten fünf Jahren bis 2000 stiegen die Gewinne nur noch um 22%. Wie gesagt, das sind die amtlichen Gewinnzahlen. Und danach hatten die Amerikaner in den vergangenen fünf, sechs Jahren für eine "Hochkonjunktur" die mieseste Gewinnentwicklung aller Zeiten. In den Jahren 1998/99 gab es eine leichte Besserung. Aber seit dem 3. Quartal vergangenen Jahres erleben wir den steilsten Gewinnsturz aller Zeiten -- im übrigen auch bei den Gewinnen, welche die Unternehmen berichten. Denn diese Unternehmen haben in der Vergangenheit, aus ihren Akquisitionen, gewaltige Aktivposten in Form von "Goodwill" gebildet. Sie haben ja alle anderen Fabriken aufgekauft zu Überpreisen. Die mußten sie irgendwie in der Bilanz unterbringen, und das geschah, indem man sie auf die Aktivseite als einen immer größeren Posten "Goodwill" einsetzte. Und da nun die Gewinne einfach verschwinden, muß man den "Goodwill" abschreiben. Sie wissen, Nortel hat 49 Mrd. "Goodwill" abgeschrieben und andere Unternehmen 10 Mrd. Es sind unglaubliche Zahlen, sofern sie sich um die Wahrheit bemühen. Aber es gibt kaum jemanden, der sich um die Wahrheit bemüht.
Was ist mit dem Produktivitätswunder? Produktivitätswunder und Gewinnwunder sind ja in unseren Vorstellungen eng miteinander verkoppelt. Das eine Wunder fand so wenig statt wie das andere. Mir fiel als erstes auf: Es waren ja immer die Zahlen über den gewaltigen Investitionsboom. In den letzten Jahren lag die Investitionsquote der Amerikaner bei 35% der Wachstumsrate. Auf der anderen Seite gab es Null Ersparnisbildung, zusammenbrechende Ersparnisbildung. Für mich ist es logisch ein Unding, daß man zugleich einen Investitionsboom und zusammenbrechende Ersparnisse haben kann. Das ist nicht möglich, denn ich kann nur investieren, wenn ein anderer spart und mir dadurch die Ressourcen freigibt für meine Investition. Das war also von vorneherein ein totaler Unfug. Aber niemand nahm Anstoß daran, denn, wie gesagt, theoretisches Denken ist völlig abhanden gekommen.
Als nächstes fielen mir die Computerinvestitionen auf. Es wird dauernd gesagt, gewaltige Computerinvestitionen bringen Produktivität. Ja, das tun sie auch. Aber wie? Ich verglich nominale Ausgaben für Computer und reale Ausgaben in den beiden Sozialproduktrechnungen. In der nominalen Statistik haben die Investitionsausgaben der amerikanischen Unternehmen für Computer in der Zeit von 1997 bis 2000 34 Mrd. Dollar betragen. Das ist gar nichts für eine Volkswirtschaft von 10000 Milliarden Dollar BIP. Aber in der Realrechnung des Sozialprodukts stehen keine 34, sondern 214 Mrd. Dollar. D.h. in der Realrechnung wurden aus einem für Computer ausgegebenem Dollar fast sieben Dollar. Wie ist das möglich?
Hedonischer Preisindex und andere Operationen
Die Amerikaner haben in den 80er Jahren beschlossen, bei der Berechnung der Investitionsrate mehr und mehr Qualitätsverbesserungen zu berücksichtigen, und das nennen sie den hedonischen Preisindex. Beim Computer war das nun schon seit Jahren im Gang, aber ab 1995 begann eine förmliche Explosion in den Computerleistungen. Ich bin da ein totaler Laie, aber es geht wohl um Memory (Speicherkapazität) und um Geschwindigkeit und alle diese Dinge. Das explodierte. Und mit der Computerleistung explodierte die Berechnung der Investitions- und Produktionszahlen für Computer: Sie versiebenfachte sich. Aus 34 Mrd. wurden in der Statistik 214 Mrd. Diese 214 Mrd. machten 20% des realen Sozialproduktwachstums aus. Das war also schon ein dicker Posten.
Der zweite Schlag kam dann vor zwei, drei Jahren. Da beschlossen die amerikanischen Statistiker, daß Software-Ausgaben eigentlich nicht als Kosten, sondern als Investitionsausgaben zu betrachten seien. Das gab noch einmal 70 Mrd. in die Sozialproduktrechnung hinein. Sie müssen bedenken: Kosten gehen nicht ins Sozialprodukt. Ins Sozialprodukt gehen nur Endausgaben. Aber als Investitionsausgaben gehen sie nun ins Sozialprodukt, und insgesamt ergab sich dann aus hedonischem Preisindex plus Kapitalisierung der Software -- auf dem Papier -- ein Investitionsboom von 25% des Wachstums oder 1% des Sozialprodukts.
Dann gab es eine dritte Operation. Im Jahre 1995 empfahl die Boskin-Kommission Verbesserungen der Berechnung der Inflationsraten unter stärkerer Berücksichtigung etwaiger Qualitätsverbesserungen. Da ging es sehr kompliziert zu. Insbesondere die Mieten wurden plötzlich ganz niedrig. Auf diese Weise kamen weitere 0,8% Sozialprodukt zustande.
Wenn Sie jetzt diese drei Dinge zusammenrechnen, dann kommen Sie zu dem Ergebnis, daß im Grunde der ganze Investitionsboom überhaupt nicht stattgefunden hat, außer in diesen statistischen Veränderungen.
Ich persönlich habe vor allen Dingen auch den hedonischen Preisindex abgelehnt. -- Die Idee scheint ja plausibel zu sein: Mehr Leistung muß berücksichtigt werden. Allerdings sind diese hedonischen Dollars, die immerhin eine gute Portion des Wachstums ausmachten, Dollars, die kein Mensch ausgibt, kein Mensch einnimmt und keiner sieht. Es sind Dollars ohne jede Spur von wirtschaftlicher Wirkung. Und deswegen habe ich diese Behandlung immer als groben Unfug betrachtet. Aber es führte zu diesen phantastischen Zahlen, nicht nur beim Sozialprodukt, sondern auch bei der Produktivität. Denn jede statistische Berechnung, die das Sozialprodukt erhöht, geht mit gleicher Menge von Dollars in die Produktivität hinein. Und so hatten sie plötzlich nicht nur ein Wachstumswunder, sondern auch das berühmte Produktivitätswunder.
Noch ein anderer Punkt: Die Amerikaner bauen keine Fabriken mehr. Der Investitionsboom fand nur auf dem beschriebenen Wege in Computern statt. Das hat nun aber zu einer gewaltigen Veränderung in der ganzen Investitionsstruktur geführt. Es wird immer weniger kurzfristig investiert, und langfristig überhaupt nicht mehr. Das erhöht zwar am Anfang das Sozialprodukt über Bruttoinvestitionen, aber dann kommen die Abschreibungen, und die schießen immer schneller in die Höhe, je länger dieser Prozeß dauert. Wir sind jetzt an dem Punkt, wo die Abschreibungen in Amerika die Investitionen überholt haben. Amerika hat heute negative Nettoinvestitionen, und das gesamte Sozialprodukt, ohne Abschreibungen, ist längst im Minus. Das amerikanische Sozialprodukt ist in den letzten drei Jahren um 14% gestiegen, aber die Abschreibungen sind um 34% gestiegen. Das heißt, Amerika ist hauptsächlich damit beschäftigt, seine Abschreibungen zu verdienen. Das bringt in der Statistik auch noch Wachstum, obwohl es eigentlich nur darauf hinausläuft, alte Maschinen zu ersetzen.
Produktivitätswunder hat nie stattgefunden
Was nun die Gewinne betrifft, so muß man bedenken, daß natürlich der hedonische Preisindex keinen einzigen Dollar in die Kasse bringt. Da kommt kein Gewinn zustande. Die Kapitalisierung der Software dagegen ging voll und ganz in die Gewinne. Denn plötzlich werden Kosten weggenommen und als Investitionsausgaben aktiviert. Das hat die Gewinne erhöht. Bemerkenswert ist, daß die Gewinnentwicklung trotz dieser Verschönerung einfach katastrophal ist.
Insofern stellt sich die Frage: Wieso verlaufen die Gewinne so schlecht? Eine einfache Antwort ist: Das Produktivitätswunder hat nie stattgefunden. Es hat eben nur in der Statistik stattgefunden, aber nicht in der Wirtschaft. Es gab statistischen Zuwachs, aber keinen echten Produktivitätszuwachs für die Unternehmen.
Prosperität kommt nicht von Produktivitätswundern, sondern sie kommt vom Sparen und vom Investieren. Die industrielle Prosperität hatte ihren Grund darin, daß man riesige Fabriken bauen mußte, um diese Maschinen herzustellen. Bedenken Sie, was man investieren mußte, um die Elektrizität herzustellen. D.h. die Prosperität kommt vom Investieren, und nicht ohne weiteres von der Produktivität. Wenn ich zusätzlich Produktivität erhalte, dann ist das prima. Aber die Prosperität kommt von der Kapitalbildung, die stattfindet: vom Bau der Fabriken und dem Bau der Maschinen. Es ist die Tätigkeit, die Einkommen entstehen läßt. Die Prosperität kommt von der Einkommensbildung und nicht automatisch von der Produktivität. Die Kapitalausgaben sind somit der Kernpunkt bei all diesen Dingen. Und die sind eben in Amerika minimal, wenn sie diesen statistischen Hokuspokus wegnehmen.
Der andere Punkt ist der, daß in meinen Augen diese berühmte Shareholder-Value-Kultur die schlimmste Mißkultur darstellt, die es je im wirtschaftlichen Denken gegeben hat. Akquisitionen und Mergers sind schließlich kein Ersatz für Kapitalbildung und Investitionen. Diese Unternehmen haben en masse diese Akquisitionen betrieben, um nicht zu investieren. Ich sage immer: "Restrukturing" und "Downsizing" und all diese schönen Worte sind bloß Synonyme für "Nichtinvestieren". Und aus diesem Grunde fehlt es in den USA an Kapitalbildung. In einem Lande, wo nicht gespart wird, kann es ja auch gar keine Kapitalbildung geben, höchstens auf dem Papier.
Und daher bin ich der Meinung, daß diese Technik, die so gerühmt wird für ihre Produktivität, gar keine Profite generiert. Wenn Sie heute die Nasdaq-Unternehmen nehmen und all die Abschreibungen berücksichtigen, dann haben diese Unternehmen seit 1995 keinen Pfennig verdient. Sie sind alle in den roten Zahlen. Das waren Scheingewinne in der Vergangenheit, die sie großenteils aus dem Aktienmarkt geholt haben. Sie haben ihre Gewinne im Aktienmarkt gemacht, haben dann andere Unternehmen gekauft, und die Gewinne wurden aufeinandergetürmt. Das waren alles Papiergewinne, Scheingewinne, keine Gewinne aus Produktion und Produktivität. Es war alles Betrug.
Und insofern sehe ich das Problem in der Technik. Die Amerikaner haben geglaubt, das muß doch eine wunderbare Technik sein, für die man so wenig tun muß. Da kann man 50% mehr produzieren, von heute auf morgen, und dann sind wir alle reiche Leute. Wir haben geglaubt, daß diese Technologie besonders gut sein muß, weil sie so wenig kostet. Aber das ist der Grund, warum sie auch keinen Gewinn bringt. Gewinne können nur über Ausgaben entstehen. Ich sage immer: Die Hauptgewinnquelle sind kapitalisierte Ausgaben. Und wenn ich keine kapitalisierten Ausgaben habe, kann ich keine Gewinne machen. Und diese Quelle fließt nicht bei dieser neuen Technik. Sie fließt auch nicht von dieser neuen Shareholder-Value-Kultur, die ja andere Transaktionen vorzieht.
Ich lese immer wieder, was die amerikanische Notenbank alles unternimmt: neun Zinssenkungen, demnächst die zehnte Zinssenkung. Und dann sage ich: Aber liebe Leute, allmählich ist es doch Zeit, einmal darüber nachzudenken, warum diese Zinssenkungen überhaupt keine Wirkung haben -- abgesehen davon, daß sie im Moment den Aktienmarkt hochtreiben. Nebenbei gesagt, die Aktien werden immer teurer, da die Gewinne nämlich noch viel schneller als die Aktienkurse gefallen sind. Im Transportsektor zahlen sie das 800fache für die Gewinne, vielfach sind ja gar keine Gewinne mehr da, und bei Utilities (Versorgungsunternehmen für Wasser, Strom etc.) bezahlen sie das 60fache. Bei Dow-Jones-Firmen zahlen sie das 35fache, und das bezieht sich wohlgemerkt auf die frisierten Gewinne.
Die Gewinne sagen mir, wohin die Wirtschaft geht, nicht der dämliche Index von der Michigan University über die Stimmung der Konsumenten. Nicht der Konsument, wie die Amerikaner glauben, sondern die Gewinne und die Investitionen der Unternehmen sind entscheidend. Der Konsum kommt dann von selber.
Die andere erstaunliche Sache: Alle Rezessionen der Vergangenheit hatten ein und dieselbe Ursache. Steigende Inflationsraten zwangen die Notenbank, die Bremse zu ziehen, und es kam zu drastischen Kreditrestriktionen. Scharf rückläufige Kredite führten zum Abschwung. Das ist die Ursache einer jeden wirtschaftlichen Rezession der Nachkriegszeit in Amerika und in Europa gewesen. In Amerika hat aber überhaupt keine Verlangsamung der Kreditexpansion stattgefunden. In den Boom-Jahren lag die Kreditexpansion des privaten Sektors in Amerika, also der Unternehmen und der Konsumenten, bei über einer Billion Dollar pro Jahr. Bis 1997 waren die Kredite um etwa 700 Mrd. Dollar gewachsen. Seit 1998 wachsen sie pro Jahr um über 1000 Mrd. Dollar. Aber diese tausend Mrd. Dollar bringen gar nichts mehr. Das Komische ist: Sie haben ein scharf rückläufiges Wirtschaftswachstum, sie haben zusammenbrechende Gewinne, sie haben zusammenbrechende Investitionen, aber sie haben eine Geld- und Kreditexpansion, die alle Rekorde schlägt.
Die breite Geldmenge wächst um 13,5% -- Kreditwachstum von 1000 Mrd. Dollar im privaten Sektor -- im finanziellen Sektor ist auch noch eine gewaltige Kreditausweitung im Gange. Wir haben die tollste Kreditausweitung aller Zeiten, und dennoch bricht die Wirtschaft einfach zusammen.
Es wäre nun an der Zeit, einmal darüber nachzudenken, wie es denn überhaupt zu dieser scharfen Konjunkturabschwächung kommen konnte, während die Kredite und die Geldmengen in unvermindertem Tempo weitergeflossen sind. Wie ist das möglich?
Ich will Ihnen sagen, warum: durch den Zusammenbruch der Gewinne. Das ist die einzige plausible Erklärung. In Amerika fehlt kein bißchen Geldmenge, kein bißchen Kredit. Früher, also in den normalen Zeiten, kam auf einen Dollar Wachstum des Sozialprodukts 1,6 Dollar Kreditausweitung. Wir waren schon in den Jahren 1998/99 bei vier, fünf Dollar Kreditausweitung pro Dollar zusätzlichem Sozialprodukt. Heute sind wir bei Milliarden Dollar für nichts. Für mich lautet die ganze Frage daher nicht: "Wie können wir die Kredite ankurbeln?" Ja, wohin wollen sie denn noch mit den Krediten? Wir sind heute bei tausend Milliarden. Wollen sie morgen auf 1500 Milliarden gehen?
Der Punkt ist: Die Kredite gehen nicht in die Wirtschaft. Und sie gehen nicht vom Unternehmen in die Wirtschaft, weil die Unternehmen nichts mehr verdienen. Deswegen sehe ich keine Besserung in dieser Beziehung. Der einzige, der bis jetzt noch immer mehr gepumpt hat und die Konjunktur noch einigermaßen hochgehalten hat, war der Konsument. Und die Amerikaner sind ganz stolz darauf, daß der Konsument sein Haus immer mehr bis zum Schornstein verschuldet. In Amerika ruft man seine Bank an und sagt: Der Wert meines Hauses ist wieder um 10% gestiegen, ich möchte meine Hypothek um 10% erhöhen. Drei Tage später haben Sie 30000 Dollar auf dem Konto. So einfach geht das. Abertausende von Amerikanern haben das in den letzten Wochen und Monaten gemacht. Und darauf sind die Amerikaner auch noch stolz.
Wo ist die Prosperität, wenn sie darin besteht, daß die Konsumenten ihre Ausgaben nur steigern können, indem sie ihre Haus beleihen? Das ist doch Schwachsinn. Ökonomisch ist das unglaublich. Wenn Sie sich die Statistik ansehen, dann stellen Sie fest, daß der amerikanische Konsument seit 20 bis 30 Jahren eine rapide steigende Verschuldung auf sein Haus besitzt. Ich habe noch die Generation der Amerikaner gekannt, die stolz darauf waren, wenn die Hypothek abbezahlt war. Heute sind sie stolz darauf, wenn sie sie erhöhen können. Und das steigt und steigt und steigt.
Für mich ist das nun beim besten Willen kein Zeichen von Wohlstand. Es ist das Gegenteil. Greenspan ist im Kongreß gefragt worden: "Sagen Sie mal, ist das nicht problematisch, steigende Häuserpreise, steigende Hypotheken?" Und da sagt Greenspan: "Och, solange die Häuserpreise weitersteigen, steigt ja auch die Equity, das Eigenkapital." Der fand gar nichts dabei. Man muß sich das vorstellen: Die Häuserpreise erlauben steigenden Konsumkredit, und das wiederum soll die Konjunktur retten.
Heute morgen war von Lösungen die Rede. Ich gehöre zu denjenigen, die sagen: "Die Leute, die uns das eingebrockt haben, sind nicht in der Lage, uns da wieder herauszubringen." Und nebenbei gesagt: Es ist viel schwieriger, als wir glauben. Um nur ein Beispiel zu nennen: Sehen Sie sich Japan an. Da wird immer gesagt, die Japaner weigerten sich, zu restrukturieren. Das Problem Japans besteht darin: Die haben sich in den Bubble-Jahren ihre Investitionsdynamik zerstört. Endgültig zerstört. Aber auf der anderen Seite: Die Konsumenten sparen. Bei Nullzins muß ich ja noch mehr sparen als vorher, um meinen Lebensabend zu sichern. Im Grunde krankt Japan daran, daß es seine Investitionsdynamik nicht mehr in den Griff bekommt. Aber es hat Konsumenten, die noch sparen. Und wir haben sie in gemilderter Form ebenfalls. Wir haben immer noch Sparer, aber immer weniger Investitionen.
Die Amerikaner und die Angelsachsen im allgemeinen sind in dieser Beziehung der krasse Gegensatz. Die sparen überhaupt nicht, investieren auch nicht, aber sie haben Kreditsysteme, die bis zum Exzeß darauf eingerichtet sind, Konsumkredit zu finanzieren. Die amerikanischen Banken schicken jedes Jahr in Milliardensummen Kreditkarten aus. Jeder Amerikaner bekommt jedes Jahr mindestens 50 Kreditkarten. Und jede Kreditkarte hat eine Kreditlinie.
Die Besonderheit Amerikas besteht also darin, daß es ein Kreditsystem hat, das voll und ganz auf Konsumkredit ausgerichtet ist. Und die Scheinprosperität der Amerikaner besteht darin, daß sie immer weniger sparen, immer weniger investieren, immer mehr konsumieren. Die alten Ökonomen nannten diesen Prozeß Kapitalkonsum. Und das führt zwangsläufig zum wirtschaftlichen Niedergang. Aber die Amerikaner haben soviel dämliche Europäer und Japaner und andere Asiaten, die ihnen das Geld immer jeden Tag von neuem schicken. Insofern geht das weiter. Wenn Sie genau hinsehen, stellen Sie fest: Der Anstieg des Lebensstandards in den USA hat seinen alleinigen Grund in den Auslandskrediten. Das ist die einzige Möglichkeit, den Lebensstandard zu erhöhen. Denn der Durchschnittslohn des Amerikaners geht seit 1973 beständig zurück, und der Reallohn des Amerikaners liegt heute mindestens 25% unter dem Standard von 1973.
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Wann muss man in langlaufende puts mit niedriger Basis gehen? Das System hält sich doch schon ziemlich lange.
Grüße
ecki
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wenngleich diverse ansätze stimmen mögen, sind mir propheten + schreihälse a la beier, nabil, stox... suspect.
im sommer/herbst '87 hat kein mensch von einem crash gesprochen, die leute waren euphorisch, in kauflaune...
im frühling '02 hat kein mensch von einem crash gesprochen, stox dude hat "strong buy" gerufen...
im frühling/sommer/herbst '03...
http://bigcharts.marketwatch.com/quickchart/...ymb=bkx&freq=2&time=13
und behaupte mal, wenns den banken gut geht, gehts auch der wirtschaft gut...
entweder sehen wir jetzt einen gigantischen aufschwung, oder....?
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Sind die US-Zahlen falsch? Expertenstreit entbrannt
„Rasantes Wirtschaftswachstum in USA“ lächelte es Anfang November von den Titelblättern der Welt – zunehmender Optimismus und ein kräftiger Kurs-anstieg waren die unmittelbare Folge. „Die US-Wirtschaft wuchs im dritten Quartal (...) mit einer aufs Gesamtjahr hochgerechneten Rate von 7,2 Prozent. Die deutsche Wirtschaft kommt im gleichen Zeitraum nach Einschätzung von Volkswirten noch nicht einmal auf eine vergleichbare Rate von einem Prozent“, sprach etwa Reuters der US-Wirtschaft Respekt aus. Doch der Schein trügt.
Wie weitreichend die US-spezifische Berechnung der jüngsten Zahlen – immerhin das scheinbar grösste Wachstum seit 20 Jahren – die Dynamik im Vergleich zu Europa verzerrt, darüber ist ein Expertenstreit entbrannt. Während Heiko Thieme daran fest hält, dass die USA „deutlich stärker wachsen als Europa“ kontert Fredmund Malik, Schweizer Wirtschaftsexperte, der „Mainstream-Interpretation“ von Thieme.
Fredmund Malik (links im Bild) hält an seiner Meinung fest: Korrigiert man die US-Wachstumszahlen um bestimmte Effekte (siehe Ende dieses Beitrages) liegen die USA in etwa gleichauf mit Europa. Jeder eifersüchtige Blick nach Übersee, alle plakativen Schlagzeilen der letzten Wochen, wären demnach also hinfällig bis peinlich.
Thiemes Einladung
Erste Episode dieser Meinungsverschiedenheit war ein BLUeBULL today-Interview mit Heiko Thieme, der nicht nur anerkannter Börsenexperte ist, sondern auch – quasi vor Ort – in New York lebt. Wie schätzt er vor Hintergrund, dass Fredmund Malik die "amerikanischen Zahlen, für weitgehend falsch" hält, das hohe US-BIP-Wachstum ein? Thieme dazu: „Es ist richtig, dass Statistiken in den USA teilweise anders aufbereitet werden als in Europa. Zum Beispiel bemessen wir in den USA das Bruttoinlandsprodukt auf das Quartal, vergleichen es mit dem vorangegangenen Quartal und multiplizieren dann diese Wachstumszahl mit vier. Das ist eine reine statistische Bewertungsbasis. Verfälschung ist das nicht, weil hier die Fakten gleich sind. Ferner steht fest, dass die USA, egal welche Bewertungsmethodik man hier ansetzt, deutlich stärker wachsen als Europa. Das hat verschiedene Gründe: Zum einen die Steuersenkung, die viele Experten in Europa nicht verstehen. Denn ein Staat, der sich verschuldet um die Wirtschaft anzu-kurbeln, handelt richtig. Zum anderen wird immer das US-Handelsbilanzdefizit angegriffen, auch das ist falsch. Amerika ist derzeit die Wachstumslokomotive für die ganze Welt und kann sich beide Defizite leisten.
Die US-Zahlen sind auf keinen Fall verfälscht, man muss sie nur verstehen und richtig analysieren. Und wer dies öffentlich sagt, und das noch als Professor einer Universität, der befindet sich meines Erachtens auf einer äusserst gefährlichen Gratwanderung. Ich würde mich gerne einmal mit Herrn Malik öffentlich darüber unterhalten, damit man beide Seiten sehen kann.“
Einladung angenommen
Der damit angesprochene Fredmund Malik hat nun diese Einladung angenommen und gegenüber www.bluebulltoday.com gemeint: „Die Meinung von Herrn Thieme zeigt ein sehr eingeschränktes Verständnis der ökonomischen Zusammenhänge. Er vertritt die übliche Mainstream-Interpretation, wie man sie täglich in den einschlägigen Gazetten lesen kann.
Die permanente Wiederholung macht sie nicht richtiger. Sie vermittelt ein falsches Bild des tat-sächlichen Zustandes der amerikanischen Wirtschaft. Es wird sich jetzt rasch zeigen, wie desolat der Zustand der US-Wirtschaft ist. Die Börsenerholung ist vorbei, und damit werden die Realitäten sichtbar." Und Malik weiter: "Ich sagte im übrigen nie, dass die US-Zahlen verfälscht sind, sondern dass sie falsch sind. Das sind zwei verschiedene Dinge. Es lässt sich beweisen, dass sie falsch sind.“
Maliks Konter
Neben dem Hobby Bergsteigen haben Malik, der ein „crashartiges Einbrechen der Aktienkurse“ für hochwahrscheinlich hält, und Thieme, der im BLUeBULL today-Gespräch 2004 einen Dax Anstieg in Richtung 5000 für möglich hält, nicht viel gemeinsam. Doch zumindest die Hochrechnung der US-Wachstumsraten auf Jahressicht wird von beiden gleichermassen angeführt. Malik jedoch verweist noch auch weitere Kritikpunkte in einer seiner Kolumnen. Er macht darauf aufmerksam, dass die zweithöchste Position "Ausrüstung und Software" ist, die mit 15,4% angegeben wird. „Diese Zahl ist mit Sicherheit hedonisch um einen Faktor 5 - 10 zu hoch ausgewiesen“, so der Schweizer Experte. Ausserdem seien die Staatsausgaben nur mit 1,3% ausgewiesen – „vermutlich um einiges zu gering.“ Im Vorquartal waren es 8,5%. Zusammengefasst macht Malik darauf aufmerksam, dass die US-Wirtschaft um bisher rund 300 Mia $ gewachsen ist, also um rund 3%, besser als Europa. Hierbei seien jedoch die Auswirkungen der hedonischen Statistik (Anmk: u.a. Multiplikation des Umsatzes im Computersektor mit dem Faktor 4,42) nicht angezogen. Korrigiere man um diese Effekte, so lägen die USA etwa gleich auf wie Europa. Es gäbe somit gar keine Chance, dass das Jahr 2003 eine Wachstumsrate von der jetzt publizierten Grössenordnung haben wird, wie das durch die Schlagzeilen suggeriert werde.
Entscheidung fällt an den Börsen
Wem letztendlich die Entwicklung recht gibt, kann hier und heute natürlich nicht entschieden werden. Doch Heiko Thieme hat nicht unrecht, wenn er über sich selbst sagt: „Ich bin glücklich, in einem Bereich zu arbeiten, in dem Resultate messbar sind, so dass ich jederzeit überprüfen kann, ob ich mit meinen Einschätzungen und mit meiner Marktmeinung richtig liege.“ Und so wird zumindest ein Blick auf die weitere Börsenentwicklung indizieren, wer bei dieser Frage näher an der Wirlichkeit lag: der Optimist, oder der - freundlich ausgedrückt - Realist. So sagte Heiko Thieme Ende November im BLUeBULL today Interview: „Die Hausse, die in Europa am 12. März begonnen hat, wird mindestens bis zum Ende des nächsten Jahres dauern.“ Fredmund Malik hingegen hat Anfang November von einem nahendem „crashartigen Einbruch“ der Börsen gesprochen, wobei es möglich sei, dass zuvor nochmals neue Hochs erreicht werden, im DJ könne es knapp über 10.000 gehen./7P
Mehr zur hedonischen Statistik unter www.bluebulltoday.com.
Florian Söllner ist Chefredakteur der 1. Multimedia Finanzzeitung BLUeBULL today. Analysen, Videocontent, Charttechnik, Neuigkeiten und Entertainment gibt es täglich und kostenlos unter www.bluebulltoday.com
Grüße
ecki
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Im Gespräch
Kollision der Wirtschaftsblöcke
Der kanadische Ökonom Michel Chossudovsky über Irak und den Schlachtruf des Geldes
Michel Chossudovsky (60) - er lehrt an der Universität Ottawa - hat in diversen Staaten Lateinamerikas, Asiens und Europas gearbeitet. An der Katholischen Universität in Chile erlebte er den Militärputsch vom 11. September 1973 und sah viele seiner Kollegen von der Wirtschaftsfakultät in Schlüsselpositionen des Militärregimes wechseln. »Ich begann zu verstehen, dass die makroökonomische Reform weder neutral war noch von den breiteren Prozessen sozialer und politischer Transformation getrennt werden konnte«, schrieb er später.
FREITAG: Was müsste passieren, um einen Irak-Krieg noch zu verhindern?
MICHEL CHOSSUDOVSKY: Zuerst einmal müsste man den Charakter eines solchen Krieges verstehen und begreifen, dass es sich um einen Eroberungskrieg handelt. Die Bush-Regierung hat klargemacht: Erst Irak, dann Iran. Wir stehen vor einem Krieg, der zur Militarisierung einer Großregion führen wird: Von der Ostküste des Mittelmeeres bis zu Chinas Westgrenze. Es wird ein Krieg gegen europäische Ölinteressen, da es eine enorme Rivalität zwischen den Öl-Konzernen gibt, besonders zwischen den anglo-amerikanischen Firmen BP, Chevron-Texaco, Exxon und den europäischen wie Total-Fina-Elf und dem italienischen ENI. Aber diese Rivalität geht nicht nur auf die Ölindustrie, sondern auch auf die Rüstungsindustrie zurück.
Muss diese Rivalität automatisch zum Krieg führen?
Es geht um die Militarisierung der Ölfelder. Und die Europäer stehen geopolitisch schlichtweg vor der Frage, ob sie mitmachen wollen und sich damit eine militärische Präsenz in der Region sichern, wie sie das in Jugoslawien getan haben. Es ist aber die erwähnte Rivalität zwischen den Großmächten, die ein gemeinsames militärisches Vorgehen zu diesem Zeitpunkt erschwert.
Gibt es noch andere ökonomische Interessen für die Bush-Regierung?
Eindeutig. Sie beziehen sich auf die Kontrolle über die Währungssysteme. Seit der Euro existiert, gibt es eine neue Rivalität, die wir nicht unterschätzen sollten - sie ist fundamental. In all den Ländern, die heute klar unter dem Einfluss der USA stehen - man denke nur an die einstigen Sowjetrepubliken in Zentralasien - hat sich der Dollar durchgesetzt. In Osteuropa, dem Balkan und in anderen Teilen der ehemaligen Sowjetunion dominiert der Euro. Wir erleben daher einen Wettbewerb zwischen zwei konkurrierenden Finanzsystemen, die den Prozess der Geldschöpfung kontrollieren - zwischen Amerikas Federal Reserve und Europäischer Zentralbank.
Aber der Direktor der Federal Reserve, Alan Greenspan, warnt vor einem Irak-Krieg, weil der die Konjunktur weiter schwächen könnte.
Es gibt jede Menge Widersprüche in diesem System, aber ich bin trotzdem vollkommen überzeugt davon: das Ziel all dieser militärischen und strategischen Operationen ist - auch - die Destabilisierung nationaler Währungssysteme, die in den vergangenen 20 Jahren entstanden sind. Es wurden doch bereits nationale Währungen zerstört. Wir beobachten in der westlichen Hemisphäre den »Dollarisierungsprozess« - Land um Land wird gezwungen, seine nationale Währung an den Dollar zu koppeln. Wenn Länder in Südamerika den Dollar sogar als nationale Währung akzeptieren, haben sie so gut wie nichts mehr in der Hand. Wenn sie ein Hospital bauen wollen, müssen sie US-Dollar leihen. Die Finanzinstitutionen und Regierungen können sich nicht mehr selbst Kredit gewähren. Sie müssen das Geld in harter Währung leihen. Das war das Schicksal Argentiniens über Jahre hinweg. Heute sehen wir die Konsequenz, nämlich eine völlige Verwüstung.
Ist das der Grund, warum sich die USA einen sagenhaften Schuldenberg leisten können?
In unserer Welt ist es doch inzwischen so, dass Sie keine realen Werte mehr kontrollieren müssen. Worum es geht, das sind die Instrumente der Geldschöpfung. Und die Geldschöpfung erlaubt wiederum die Kontrolle über Ressourcen - Währung ist die Grundlage von Herrschaft.
Wir werden uns also auf weitere Kriege gefasst machen müssen. Schauen Sie auf die öffentlichen Ausgaben. In den USA gibt es eine massive Umleitung zugunsten des Militärs. Das Besondere an einem Rüstungskonzern ist ja, dass er nicht auf dem freien Markt verkauft, sondern an das Verteidigungsministerium. Es gibt nur einen Käufer. Wenn die Firmen diesen Markt nicht haben, sind sie tot. Sie können ihr Zeug ja nicht im Supermarkt verkaufen. Und die Zahlen sind doch astronomisch: Der US-Verteidigungsetat 2003 ist 30 Prozent größer als das Bruttoinlandsprodukt Russlands, wo mehr als 150 Millionen Menschen leben.
Das Gespräch führte Christoph Fleischmann s. Michel Chossudovsky: Global brutal. Der entfesselte Welthandel, die Armut, der Krieg, Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2002, 480 Seiten, 12,75 Euro. Der Autor ist auch Herausgeber der Zeitschrift Global Outlook (http://www.globalresearch.ca).
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US-Regierung sorgt mit neuer Statistik für Erholung am Arbeitsmarkt
Der Wahlkampf in den USA macht auch vor Konjunktur-Daten nicht Halt: Eine neue Statistik hilft bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze kräftig mit. Experten sprechen von «Marketing» für die US-Wirtschaft.
In den vergangenen Monaten hat US-Präsident George W. Bush beim Blick auf die Arbeitsmarktzahlen wohl mehr als einmal kräftig durchgeatmet. Ein großes Problem im Wahlkampf scheint sich zumindest nicht weiter zu verschärfen. Die jüngsten Zahlen zu den neu geschaffenen Stellen deuten sogar auf eine deutliche Verbesserung der Arbeitsmarktlage in den Vereinigten Staaten hin. Die oft beschworene Gefahr einer so genannten «jobless recovery» – eines Aufschwungs, der keine Arbeitsplätze schafft – scheint sich nicht zu bewahrheiten.
Ist der amerikanische Arbeitsmarkt aber wirklich auf dem Weg der Besserung? Unter Präsident Bush gingen immerhin mehr als zwei Millionen Arbeitsplätze verloren. Der Präsident hatte darauf wenig Einfluss – zugestanden. Die geplatzte Spekulationsblase an den internationalen Kapitalmärkten stürzte die Wirtschaft in eine Rezession, und die Terroranschläge vom 11. September 2001 sowie die Bilanzskandale bei verschiedenen US-Konzernen taten ein Übriges, um das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen in die amerikanische Volkswirtschaft zu erschüttern.
Amerikas Jobwunder ist reine Statistik
So wenig Bush Schuld an der Job-Misere hat – so schuldig könnte er aber am scheinbaren Aufschwung am Arbeitsmarkt sein. «What are they smoking at the labour department?», fragte etwa der Kolumnist der «New York Post», John Crudele.
Das amerikanische Arbeitsministerium hat jüngst eine neue Statistik-Methode eingeführt. Mit dem so genannten Net-Birth/Death-Modell sollen die neuen Arbeitsplätze erfasst werden, die durch Selbstständigkeit oder in kleinen und mittleren Firmen geschaffen werden. Bisher war die Erfassung von solchen neuen Selbstständigen - in Deutschland auch unter dem Namen Ich-AG bekannt - nicht möglich. Da den Experten des Ministeriums aber kein echtes Datenmaterial zur Verfügung steht, wird die Zahl der entstandenen Jobs einfach statistisch geschätzt. Und siehe da: 270.000 von insgesamt 288.000 Arbeitsplätzen entstanden im April allein aufgrund der neuen statistischen Methode.
Qualität und nicht Quantität
«Das Ministerium unterstellt, dass bei den Selbstständigen Arbeitsplätze entstehen, hat aber keine Beweise dafür», wirft Carsten Fritsch, Volkswirt bei der Commerzbank, den Beamten vor. Es sei ungeklärt, wie viele Jobs tatsächlich geschaffen worden sind und wie viel davon lediglich «Phantomjobs» waren, fügt der Experte an.
Es gelte zudem, «nicht nur auf die Quantität, sondern auch auf die Qualität des Stellenzuwachses zu achten». Die neu geschaffenen Stellen im März seien zu großen Teilen auf Teilzeitjobs zurückzuführen.
Auch das Wachstum könnte zu hoch sein
Den Zahlen lägen keine «erfassten Daten zugrunde», meint auch Folker Hellmeyer, Chefanalyst bei der Bremer Landesbank. Die Schätzungen basierten allein auf Umfragen. Zudem würden in den USA mittlerweile zwölf saisonale Faktoren bei der Erfassung der Arbeitsmarktdaten berücksichtigt, so Hellmeyer. Üblich seien aber allenfalls vier.
Problematisch ist nach Meinung der Experten grundsätzlich, dass die konjunkturellen Daten aus den USA nur noch quantitativ und nicht mehr qualitativ bewertet würden. Nach einem Artikel des Wirtschaftsmagazins «Economist» könnte das auch Wirtschaftswachstum in den USA deutlich überbewertet sein. Das Magazin bezieht sich dabei auf Berechnungen des Goldman-Sachs-Volkswirtes Jan Hatzuis.
Alles nur Marketing
Analyst Hellmeyer geht sogar noch weiter: «Die neuen statistischen Methoden dienen allein dem Marketing, um die hohen Defizite in den USA finanzierbar zu halten.» Die Daten spiegelten nicht die Realität in den USA wider. Ein Vergleich mit der Situation in der Euro-Zone oder auch in Deutschland sei damit, «wie ein Vergleich von Ananas und Eigelb».
Die amerikanische Wirtschaft wuchs im ersten Quartal nach ersten Schätzungen offiziell um 4,4 Prozent - die deutsche auf Jahresbasis um 1,5 Prozent. Aber Amerika hat derzeit mit einem so genannten Double-Defizit zu kämpfen. Neben einem hohen Haushaltsdefizit leidet die amerikanische Wirtschaft auch mit einem exponentiell steigenden Leistungsbilanzdefizit.
Nach 2009 könnte das Defizit im Haushalt gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis auf mehr als zehn Prozent steigen. Davon gehen sogar die sehr optimistischen Prognosen der Regierung Bush aus. Zum Vergleich: Deutschland hatte im vergangenen Jahr ein Defizit von knapp unter vier Prozent - und verstößt bereits damit gegen den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt.
270 tsd der neuen 288tsd Arbeitsplätze nur durch Statistik! Neulich habe ich eine Umfrage gelesen von USA, mehrheitlich geht die Bevölkerung von gefälschten Statistiken aus. Wie lange geht das gut? Gibt es doch noch einen gewaltigen Abtaucher?
So niedrig wie die Zinsen stehen, ist es schon ein Wunder, dass die wirtschaft nur statistisch wächst, und nicht real.....
Grüße
ecki
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Alles eine Frage der Bewertung!
von Michael Vaupel
Warum ich eigentlich fast nie amerikanische Aktien empfehle? Keine Frage, an der New York Stock Exchange oder der Nasdaq werden natürlich einige gute Unternehmen notiert. Eine ganz andere Frage ist es aber, wie deren Aktien bewertet sind. Ein Unternehmen kann gut sein – und die Aktie dennoch zu teuer. Letztlich ist das immer eine Frage der Bewertung.
Und die Bewertungen jenseits des Atlantiks (fast hätte ich geschrieben: in "Amberger-Land") gefallen mir nicht.
Da kann ich auf ganz konventionelle Kennzahlen wie das gute alte Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) zurückgreifen. Ok, da gibt es alle möglichen Berechnungen. Ich greife da meist auf die Berechnungen von Thomson First Call zurück (die liefern jedenfalls immer gute Werte, was die Konsensschätzungen bei Quartalszahlen angeht). Und laut denen liegt das durchschnittliche KGV an der Wall Street aktuell bei rund 15.
Halt, falsch, jetzt hätte ich fast den gleichen Fehler wie die meisten Marktteilnehmer gemacht. Denn diese KGV-Berechnung beruht auf den Gewinnen der KOMMENDEN vier Quartale. Diese Gewinne sind natürlich noch nicht bekannt, es handelt sich deshalb um Schätzwerte. Und meist um schön gerechnete Schätzwerte: Denn die Unternehmen rechnen unter dem Vorwand, die rein "operativen Gewinne" angeben zu wollen, Sonderfaktoren heraus. Aber was ist ein Sonderfaktor ... da geht es schon los.
Viele Analysten minderer Qualität greifen dieses KGV von 15 dennoch gerne auf und vermelden dann, dass dieser Wert ja in etwa dem historischen, durchschnittlichen KGV entsprechen würde – denn dieses liegt ebenfalls bei rund 15. Das Fazit dieser Analysten: Der US-Markt ist durchschnittlich hoch bewertet, was Chancen eröffnet.
Vorsicht! Das historische, durchschnittliche KGV von 15, das von diesen Analysten zitiert wird, bezieht sich auf das KGV unter Berücksichtung der jeweils LETZTEN vier Quartale vor Berechnung. Es basiert also auf tatsächlichen und nicht geschätzten Gewinnen.
Wenn man hingegen das historische, durchschnittliche KGV auf Basis der Gewinne der jeweils KOMMENDEN 4 Quartale berechnet (also aufgrund der Gewinnschätzungen), dann kommt man auf einen Wert von ca. 11.
Fazit: Man darf hier keine Äpfel mit Birnen vergleichen! Und ich bevorzuge es, das KGV auf Basis der tatsächlich erzielten Gewinne zu berechnen. Dann ergibt der Vergleich: Aktuelles KGV von 15, historisches KGV von durchschnittlich 11. Damit liegt das aktuelle KGV rund 36 % über dem historischen Durchschnittswert. Würden Sie so etwas "günstig bewertet" nennen? Die Kurse an der Wall Street könnten ein Drittel ihres Wertes abgeben – und wären dann immer noch nicht "günstig", sondern erst "historisch durchschnittlich" bewertet. Solche Märkte meide ich generell. Was nicht heißt, dass es nicht doch ein paar interessante Einzeltitel gibt (Christoph Amberger stellt ja immer wieder einige vor). Und was nicht heißt, dass sich keine interessanten Short-Möglichkeiten eröffnen ...
Beste Grüße,
Michael Vaupel
Leider ohne Quelle.
Grüße
ecki
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von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Aus dem Wall Street Journal:
"In einer Entwicklung, die die wachsenden Bedenken über das amerikanische Zwillingsdefizit widerspiegelt, beginnen nun einige Investoren und Analysten etwas bisher Unantastbares in Frage zu stellen: Das AAA-Rating der US-Staatsanleihen."
Sie machen sich Sorgen, wegen der jahrelangen Haushalts- und Handelsbilanzdefizite. Ihre Sorgen müssen durch den schwachen Dollar verstärkt worden sein, und durch die Frage, wie die USA für Renten und Sozialleistungen aufkommen können, wenn die geburtenstarke Generation der sogenannten "Baby Boomer" in den Ruhestand gehen wird.
Wenn die USA ein AAA-Rating verdienten, , dann spräche das dafür, dass sie "ihre Rechnungen lange Zeit in einer stabilen Währung zahlen könnten", so William Gross vom Pimco-Rentenfonds. Das ist der größte amerikanische Rentenfonds. "Und das stimmt einfach nicht mehr."
US-Staatsanleihen sind gleichzeitig extrem sicher ... und extrem riskant. Denn US-Staatsanleihen werden sehr sicher bei Laufzeit-Ende mit dem Nominalbetrag zurückgezahlt werden. Gleichzeitig ist nicht sicher, wie viel dann dieser Nominalbetrag – der ja in Dollar anfällt – wert sein wird.
Der US-Anleihenmarkt ist riesig. Und die Kurse der US-Staatsanleihen sind gestiegen, – obwohl der US-Dollar gefallen ist. Warum? Die Investoren sind verwirrt. Die Ökonomen perplex. Das sollte nicht passieren.
Aber die Welt, in der wir leben, ist merkwürdig und bemerkenswert. Die Amerikaner geben Geld aus, das sie nicht haben, – und dieses Geld landet dann in den Händen von Ausländern, die es dazu nutzen, um US-Staatsanleihen zu kaufen!
Die asiatischen Volkswirtschaften haben Außenhandelsüberschüsse; Amerika hat ein Außenhandelsdefizit. Je größer das amerikanische Handelsbilanzdefizit, desto mehr Geld haben die Asiaten, um US-Staatsanleihen zu kaufen.
US-Bonds können ein AAA-Rating haben. Natürlich haben die US-Staatsanleihen in Gold gemessen 40 % ihres Wertes verloren, seit George W. Bush das erste Mal ins Weiße Haus kam. Und wenn die Nerven von Mr. Asakawa schließlich reißen, dann werden sie wahrscheinlich noch stärker fallen.
Quelle: investorverlag.de
Grüße
ecki
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Tanz auf dem Vulkan
In den USA nimmt die Immobilienspekulation immer bizarrere Züge an: Hobbyinvestoren stemmen Millionen-Deals
New York - Ihr letzter Urlaub liegt zwei Jahre zurück. Und auch in diesem Jahr hat Trish Don Francesco nicht vor, auch nur für einen Tag ihrem Maklerbüro in Phoenix fernzubleiben, denn: "Der Markt boomt gerade."
Zwar sind die Immobilienpreise seit Anfang 2003 in der Hauptstadt von Arizona um mehr als 40 Prozent gestiegen. Doch damit zählt die Stadt mit ihren 4,5 Mio. Einwohnern zu den Nachzüglern am US-Eigenheimmarkt, der seit den Zinssenkungen in Folge des Börsencrashs von 2001 nur eine Richtung kennt: nach oben. In Las Vegas verdoppelte sich der Wert von Einfamilienhäusern in den vergangenen drei Jahren. In Los Angeles stiegen die Preise um 96 Prozent, in San Diego um 105 Prozent, in San Bernardino um 117 Prozent.
In 2003 identifizierten sich in einer Umfrage der regionalen Researchgesellschaft Infocom lediglich 1300 Erwerber, die in Phoenix ein Eigenheim erstanden hatten, als "Investors". Ein Synonym für Käufer, die eine Immobilie nicht selbst nutzen wollen, sondern nur zuschlagen, um sie bald darauf für einen noch höheren Preis wieder zu veräußern. Im vergangenen Jahr gaben sich bereits 2703 Erwerber als Spekulanten zu erkennen. Ein jeder von ihnen hatte wenigstens drei, manche bis zu zehn Häusern erworben - und dennoch kaum Eigenkapital investiert.
Sogenannte "No money down-Payments" - Käufe, die zu 100 Prozent über Kredite finanziert werden - sind in den USA zur Regel geworden. Der gewaltige Hebeleffekt ermöglichte erst die rasanten Preisanstiege. Und beunruhigt zunehmend die halbstaatliche Immobilienfinanzierungsgesellschaft Fannie Mae: "In weiten Teilen der USA zeichnen die Märkte ein frappierend ähnliches Bild, wie es in der Vergangenheit vor dem Platzen einer Spekulationsblase zu finden war." Denn immer weniger Erwerber schließen noch Tilgungspläne ab. Die durchschnittliche Hypothek betrage inzwischen 91 Prozent des Immobilienwertes.
Das US-Anlegermagazin Fortune spricht von einem "Tanz auf dem Vulkan". Nach einer Studie der National Association of Realtors, des US-Maklerverbandes, agiert inzwischen jeder vierte Eigenheimerwerber in spekulativer Absicht. Unklar ist, ob diese Investoren für 50, 75 oder gar 90 Prozent aller Käufe verantwortlich sind. Sicher ist: Die wenigsten Käufer sind Immobilienprofis. Die meisten arbeiten unter der Woche als Manager in Kalifornien, Washington, New York oder Boston. Am Wochenende fliegen sie in die Boomregionen. In Phoenix werden sie von Trish Don Francesco und anderen Maklern empfangen und in klimatisierten Vans durch die inmitten von Kaktuswäldern gelegenen Neubaugebiete der Wüstenstadt gefahren. Hausbesichtigungen sind bei 40 Grad Celsius nicht erwünscht. Geboten wird direkt im Wagen. Die Makler arbeiten wie Auktionatoren: Wer das höchste Gebot abgibt, bekommt den Zuschlag für ein Haus. Damit sich die Reise lohnt, will jeder Besucher wenigsten zwei, besser drei oder vier Häuser erwerben. Gegen Ende jeder Fahrt werden immer höhere Preise geboten, um noch zum Zuge zu kommen.
Ihr Fachwissen holen sich die Spekulanten aus Büchern - und auf Seminarveranstaltungen, wie der im Mai in Los Angeles abgehaltenen "Real Estate Expo Wealth". Unter dem Motto, "Ein Wochenende kann Sie zum Millionär machen", begeisterten Redner wie Donald Trump und Bestseller-Autoren wie Robert Kiyosaki und Tony Robbins mehr als 30 000 Gäste. Heiß begehrt waren vor allem Informationspakete, zusammengestellt aus Büchern, DVDs und Videos, die zum "Discountpreis" von 1620,50 US-Dollar den miniberockten Verkäuferinnen aus den Fingern gerissen wurden.
Für den Anlegerschutzanwalt Richard K. Kuck geriet die Expo zum "Déjà-vu-Erlebnis": "Genauso ging es zur Jahrtausendwende auf den New-Economy-Messen zu." Für die US-Einlagensicherung FDIC geht es nur noch um die Frage, wie die Blase endet. Geschieht es mit einem lauten Knall, werde nicht nur die US-Konjunktur schwer in Mitleidenschaft gezogen, warnt die Aufsichtsbehörde. Ein drastischer Preisverfall würde Zwangsversteigerungen in großer Zahl auslösen und die amerikanischen Konsumenten ihrer Kaufkraft berauben. rhai
Artikel erschienen am Sa, 9. Juli 2005
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Wahnsinn....
Grüße
ecki
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Business Week
print, Ausgabe v. 5. Sept. 2005
Sharks In The Housing Pool
Deed thieves, property flippers, equity strippers -- these con artists are duping banks and homeowners
By most measures, Matthew B. Cox would appear to be a mortgage lender's dream customer. The 36-year-old former Tampa resident had once worked in the mortgage business, so he understood intimately what it took to qualify for a loan. And Cox threw plenty of business at mortgage lenders in Florida, and then Georgia: An aspiring real estate investor, Cox took out $3.7 million in mortgages to finance his apparently ever-growing stable of houses.
But in reality, Cox was the industry's worst nightmare. Federal law enforcement officials say that Cox -- a.k.a. Michael Shanahan, David Freeman, and Gerald Cugno -- along with his girlfriend, Rebecca M. Hauck, masterminded a massive mortgage fraud that ensnared at least 10 different lenders, including Bank of America Corp. (BAC ) and SunTrust Banks Inc. (STI ). Using nearly a dozen stolen identities, the pair forged "deeds of satisfaction" [= gefälschte Tilgungsbescheinigungen, A. L. ] to convince banks that they had paid off loans for -- and thus owned -- homes that, in fact, they were renting from the true owners.
With these fake documents, Cox then persuaded banks to lend him millions beginning in 2002 and into 2004 -- millions he and his girlfriend subsequently absconded with. So brazen was Cox that he left some of the mortgage brokers who closed his loans in Florida a copy of his novel-in-progress, titled The Associates -- little more than a barely fictionalized account of his escapades. Cox and his girlfriend are now on the lam, their faces plastered on wanted posters distributed to bankers, mortgage brokers, and real estate agents. "We want to catch him so we can put him on trial," says David E. Nahmius, U.S. Attorney for the Northern District of Georgia.
Welcome to the dark side of the housing boom. While the plunge in interest rates has triggered an explosion of housing and mortgage activity, allowing millions of Americans to buy and refinance houses, it has also given rise to an unprecedented wave of fraud. The FBI says the number of suspected fraud incidents reported by federally chartered banks, which underwrite roughly half of all mortgages, has soared nearly fivefold since 2000, to 17,700 last year, and is set to top 20,000 cases this year. No one has exact figures on how much the fraud is costing banks and homeowners, but analysts say the losses could well amount to more than $2 billion a year.
And here's the rub: With the property market at last showing signs of cooling off in some parts of the country, the banks may suddenly find themselves less insulated from mortgage scams. Says William Matthews of the Mortgage Asset Research Institute: "In a flat or declining market, the bodies are going to rise to the surface more quickly."
Why the rise in fraud? Chalk it up in large part to the sheer number of mortgages banks are handling nowadays. The plunge in rates has goosed mortgage volume from roughly $800 billion a year in the mid-1990s to more than $2.6 trillion now. To meet demand, lenders hired tens of thousands of inexperienced staffers at the same time they were working feverishly to cut the time needed to close loans. As a result, experts say lenders sometimes cut corners on the due diligence that could have caught some of these frauds.
CUTTING CORNERS
Compounding matters is that len-ders, to cut costs, have outsourced the origination of most mortgages to independent mortgage brokers, who now initiate more than two-thirds of all home loans -- meaning that banks don't know borrowers the way they did in decades past. Banks "aren't meeting the borrower face to face anymore," says Arthur J. Prieston, chairman of Prieston Group, a Novato (Calif.) provider of fraud insurance and training. "There has been less concern for the quality of the loan and more for the quantity."
At the same time, con artists have become more sophisticated in their tactics -- through their use of identity theft or their ability to detect vulnerabilities in the mortgage process. For instance, some have exploited the logjams that have occurred in overworked county deed offices. Ownership titles that took days to be recorded now take weeks or months, and fraudsters know this leaves lenders confused about who the true owner is. In Douglasville, Ga., a fraud ring refinanced a property in quick succession with three different lenders before selling it. As a result, four lenders now claim rights to the first lien -- and the title insurers, which include Fidelity National Title Insurance Co., could be on the hook for the losses. "We're scared to death" of the potential for similar frauds elsewhere, says Fidelity counsel Robbie J. Dimon.
Some scams use sophisticated rings of buyers who flip a property at inflated prices among themselves before absconding with the loan proceeds. That was the case in Stone Mountain, Ga., an Atlanta suburb, where a 15-person fraud ring -- a group that included corrupt mortgage brokers, closing attorneys, fake buyers, and an identity thief -- flipped at least 100 houses in three neighborhoods over a three-year period, pilfering roughly $20 million in bank funds before being busted last year.
The problem could get worse for banks before it gets better. As long as prices were rising sharply in housing hot spots such as Boston, Washington, D.C., and Southern California, banks duped by fraudsters were often able to cut their losses -- or even come out whole -- by reselling the defaulted property back into a rising market. But it's unlikely that banks can count on rising valuations to bail them out of bad loans. And while the banks have been securitizing their mortgages and selling them to third parties, they are still on the hook for part of the loan if it goes bad.
Homeowners are taking it on the chin, too. In Utah, some state officials believe rampant fraud has compelled lenders there to boost mortgage rates by an extra quarter-point to help cover their losses. When property-flipping scamsters drive up house prices, property-tax hikes aren't far behind. And when scams come unraveled, home values can plummet. By the time the Stone Mountain fraud ring was busted in 2004, property values had plunged from an average of $280,000 to $180,000 -- and several of the flipped houses remain vacant, their lawns covered in weeds. "These are homes with no love," says Ann D. Fulmer, a mom-turned-fraud-hunter who helped authorities bust the gang.
In parts of the country where housing prices have risen especially quickly, homeowners have become direct targets of an increasing range of scams. There has been an explosion of "equity stripping" schemes, in which elderly or blue-collar homeowners who have fallen behind on their mortgage payments and are facing foreclosure are preyed on by scammers, who often get their leads from the mortgage-default notices that banks are required by law to file with the local courts. These legal notices "just provide a road map for scammers," says Manuel Duran, a Los Angeles lawyer who has represented fraud victims.
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In these scams, the con artists approach homeowners, offering to help them refinance -- and thus stave off foreclosure. But their real intent is to steal the equity that these homeowners have built up over the years -- either by duping the owner into signing papers in which they transfer ownership or by charging tens of thousands of dollars in exorbitant fees. The former happened to Michelle Roberts-Taylor, a 40-year-old transit supervisor who lives near Washington, D.C. After falling behind on her mortgage last year, Roberts-Taylor received a phone call from a mortgage broker who promised to help her refinance the mortgage at a lower rate. It was when Roberts-Taylor received an eviction notice that she realized she had unwittingly signed over her home to the broker. This fraud, unlike most others, had a relatively happy ending: Roberts-Taylor hired an attorney who was able to win an $85,000 settlement last December from the broker.
Will the fraud wave recede if the housing market cools off? Perhaps over time, but the banks could be in for a rough ride in the short term. Besides the potential hit from slowing home prices, an end to the boom also could prompt scammers to cash out. And some of these guys have a lot of skin in the game. Earlier this summer, a grand jury in Springfield, Ill. indicted two men for taking out fraudulent, inflated mortgages on more than 150 properties. The scheme cost lenders $8 million in losses. And they know there are plenty of other big scams out there just waiting to hit.
RIYADH – China's revaluation of the yuan increases the possibility of the re-alignment of the Saudi Riyal to a weak U.S. dollar especially while trading links with Asia and Europe continue to grow.
Saudi Arabia and many Gulf countries have pegged their currency to the dollar for years. Weakness in recent years of the dollar and the growth in Asian and European imports have cut into the purchasing power of the Gulf countries, whose export earnings from oil are also denominated in dollars.
The value of Gulf Arab imports from China, which were negligible just a decade ago, grew last year to $14.5 billion, or 8.5 percent of total imports.
While record oil prices may mask the impact of costlier goods, economists say the case for linking to a basket of currencies instead of the dollar – just like China – is gaining ground.
"There is a gathering debate about this," said Daniel Hanna, an economist with Standard Chartered bank in Dubai.
"The majority of the Gulf trade is with Asia and the European Union. You can make a case that the currency peg should reflect that better, especially since China will be their fastest growing partner," he said.
One vocal advocate of swift change, National Commercial Bank senior economist Nahed Taher, says Saudi Arabia cannot afford to wait until 2010 to loosen ties between the riyal (SAR-) and the dollar which have been fixed since 1987.
Taher has called for a managed float of the riyal against a basket of currencies, within a 5 percent band, arguing that costlier imports are partly responsible for pushing annual inflation up to 6 percent for the last two years.
CORPORATE CUSTOMTERS LOGIN TO READ FULL REPORT OR DOWNLOAD AS PDF
http://www.middleeastforex.com/index.php?section=24
Der Dollar wird gegen den Euro schwach auf Jahre bleiben. Ich las mal das mehr 2/3 vom Dollarbestand nur im Ausland als Reserven gehalten werden. Wenn das zunehmend umgeschichtet wird, dann wirds schwere Verwerfungen geben. Jedenfalls kann USA ihr Defizit nicht mehr so leicht auf internationale Kosten fahren.
Grüße
ecki
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17. September 2005
SPIEGEL-GESPRÄCH
"Der Markt hat kein Herz"
Amerikas berühmtester Ökonom, Paul A. Samuelson, über protektionistische Tendenzen in der Weltwirtschaft, die Verlierer der Globalisierung, die riskante Schuldenpolitik der USA und über die Frage, wie sein Lehrer Joseph Schumpeter den Kapitalismus heute beurteilen würde
APPaul A. Samuelson |
SPIEGEL: Professor Samuelson, zwischen Amerika und China ist das Verhältnis gespannt, Franzosen und Niederländer haben den EU-Verfassungsvertrag abgelehnt, weil sie Wettbewerber aus Osteuropa fürchten, Jobverlagerungen machen den Menschen Angst. Ist die Idee des freien Handels auf dem Rückzug?
Samuelson: Über jeder modernen Gesellschaft schwebt das Gespenst des Protektionismus. Amerika, das aus einer kolonialen Vergangenheit kommt, ist bekannt für seine protektionistische Haltung. Die Republikaner, die Partei von Präsident George W. Bush, waren immer die Partei des Protektionismus. Vielleicht sind unsere darwinistischen Wurzeln dafür verantwortlich: Im Dschungel überlebt man nur, wenn man Fremden gegenüber vorsichtig ist.
SPIEGEL: Im Hörsaal wird Studenten der Wirtschaftswissenschaften etwas ganz anderes beigebracht.
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Samuelson: Das stimmt. Es ist einer der wichtigsten Grundsätze, die wir lehren, dass der freie Handel notwendigerweise die Lebensbedingungen für jeden verbessert und dass Spezialisierung und Diversifizierung für alle von Vorteil sind, für arme Länder wie für reiche. Den ersten Beweis dafür lieferte 1817 der große englische Ökonom David Ricardo.
SPIEGEL: Und das trifft heute nicht mehr zu?
Samuelson: Waren Sie schon einmal in einem Wal-Mart?
SPIEGEL: Ja, warum?
Samuelson: Das Besondere an Wal-Mart ist, dass das Unternehmen so günstig Waren einkaufen kann, vor allem in China. Wenn Sie einen Supermarkt von Wal-Mart besuchen, werden Sie dort üblicherweise arme Amerikaner treffen, die billige Produkte kaufen; dadurch können sie ihren Lebensstandard enorm verbessern. Gleichzeitig aber müssen sie fürchten, ihren Job zu verlieren oder auf eine schlechter bezahlte Stelle wechseln zu müssen.
SPIEGEL: Es sind also zwei Seiten einer Medaille. Verlieren die Menschen am Ende mehr, als sie gewinnen?
Samuelson: Manchmal ist es so, dass sie mehr verlieren. Globalisierung führt nicht immer dazu, dass es nur Gewinner gibt. Es ist nicht wahr, dass alles, was die Globalisierung fördert, automatisch jedem nutzt. Das ist heute die Realität von Ricardos komparativen Kostenvorteilen.
SPIEGEL: Sie klingen beinahe wie ein Globalisierungsgegner.
Samuelson: Um Missverständnissen vorzubeugen: Das Leben in einer globalisierten Welt bedeutet im Großen und Ganzen, dass sich der materielle Wohlstand vergrößert. Das Wissen der Welt hat sich durch den technologischen Wandel seit Isaac Newton entwickelt und ausgebreitet, keine Frage. Und als ein amerikanischer Patriot habe ich den Aufstieg Europas nach dem Krieg willkommen geheißen. In Kriegszeiten ist die Wirtschaft nur ein Nullsummenspiel: Der Aufstieg Bismarcks bedeutete den Abstieg von Napoleon III., wenn Sie an den deutschfranzösischen Krieg 1870/71 denken. In Nachkriegszeiten hingegen ist es anders: Deutschland ist aufgestiegen und Frankreich ebenso.
SPIEGEL: Das heißt, dass in Friedenszeiten die meisten also doch von der Weltwirtschaft profitieren?
Samuelson: Ihre Generation lebt besser als die Ihrer Eltern, und Ihre Eltern leben besser als deren Eltern. Wir hätten nicht diesen starken ökonomischen Zuwachs rund um die Welt ohne die dynamische Kraft der Globalisierung. Aber nicht jeder profitiert gleichermaßen davon.
SPIEGEL: Ist das ein neues Phänomen?
Samuelson: Vor vielleicht 35 Jahren habe ich eine Rede vor Vorständen von Ford gehalten, und ich fragte sie: "Können Sie sich vorstellen, dass irgendwann irgendwo in der Welt ein Ford zu etwas günstigeren Preisen hergestellt werden kann?" Ich dachte damals an Toyota. Die Zuhörer mochten meine Anspielung nicht. Wenn Toyota bessere Autos billiger und effizienter bauen konnte als die Hersteller in Detroit, war das nach meiner Mathematik keine Winwin-, sondern eine Win-lose-Situation. Und wir waren die Verlierer.
SPIEGEL: Stimmt das denn heute noch?
Samuelson: Ich glaube, die amerikanischen Ökonomen haben die Bedeutung der Globalisierung heruntergespielt; ihnen ist nicht bewusst geworden, dass der Prozess noch lange nicht beendet ist. Es ist ein typisches Muster der Wirtschaftsgeschichte, dass es in den meisten Ländern neben den Win-win-Situationen auch einige Winlose-Situationen gibt.
SPIEGEL: Und was folgt daraus?
Samuelson: Ich glaube, dass sich in der globalen Welt bei der Einkommensverteilung die Trennung zwischen der oberen Hälfte und der unteren verschärft. Die Globalisierung gibt uns zusätzlichen Wohlstand, aber sie bringt uns ebenso zusätzliche Unsicherheit, Spannungen und ein erhöhtes Maß an Ungleichheit. Sie führt in Amerika zu verängstigten Beschäftigten.
SPIEGEL: Und die Arbeiter sind jene, die es am meisten spüren.
Samuelson: Ja, aber sogar für einen MIT-Absolventen haben sich die Dinge geändert. Früher bekam er mit jedem Stellenwechsel einen besseren Job, sein Einkommen stieg, bis er in Rente ging. Das funktioniert heute nicht mehr. Niemand kann vorhersehen, wie seine Karriere verläuft. Wir leben in einer gespannteren Welt, einer nervöseren Welt.
SPIEGEL: Wo sehen Sie dafür Anzeichen?
APWal-Mart-Laden (in Ohio): "Gesellschaft des Ich, Ich, Ich - und Jetzt" |
Samuelson: Vorstandsvorsitzende behalten heute ihren Job manchmal nur drei Jahre - ich habe aber kein Mitleid mit ihnen, weil sie in dieser Zeit eine Menge Geld verdienen können. Das Gebäude, in dem wir sind, war früher einmal die Zentrale von Unilever in Amerika. Einer der bestbezahlten Vorstandschefs in Amerika hatte sein Büro nur drei Stockwerke höher. Er bekam pro Arbeitstag etwa 1000 US-Dollar. Ein durchschnittlicher Angestellter verdiente vielleicht ein Vierzigstel davon. Wissen Sie, wo die Zahl heute liegt?
SPIEGEL: Wohl kaum niedriger.
Samuelson: Der Faktor ist 400, zumindest in einigen Firmen. Der Markt hat kein Herz, der Markt hat kein Gehirn. Er tut, was er tut. Jedes Mal, wenn ich eine Zeitung aufschlage, lese ich von einem neuen Unternehmen, das seine Pensionsverpflichtung nicht einhält, und dies geschieht im Einklang mit dem Gesetz. So etwas hätte es früher nicht gegeben.
SPIEGEL: Was Sie gerade beschreiben, müsste eigentlich eine hervorragende Basis für eine Gewerkschaftsbewegung darstellen.
Samuelson: Die Gewerkschaften in den USA sind schon lange tot, seit der Zeit, als Ronald Reagan Präsident wurde. Sie verloren damals viel von ihrer Macht, weil sie keine Freunde mehr in Washington hatten. Was aber noch wichtiger ist: Jeder Erfolg, den eine Gewerkschaft in einem Konzern errungen hat, war ein Pyrrhussieg. Er beschleunigte es nur, dass japanische Wettbewerber das Geschäft übernahmen.
SPIEGEL: Wenn also die Globalisierung auch negative Seiten hat, wie sollte man damit umgehen?
Samuelson: Vielleicht sollten wir den Prozess ein wenig bremsen, aber man kann ihn nicht stoppen, und man sollte das auch nicht tun. Was wir tun können: den Menschen helfen, die an den Folgen leiden. Wir können die Kraft des Steuersystems nutzen, um Geld von den reichen Menschen, wie mir, an die weniger reichen Menschen umzuverteilen. Und das würde unser Wachstum kaum bremsen.
SPIEGEL: Umverteilung ist der Weg, den wir in Deutschland lange eingeschlagen haben. Das Ergebnis ist niedriges Wachstum und hohe Arbeitslosigkeit.
Samuelson: Man muss das Steuersystem vorsichtig einsetzen. Man kann nicht die Marktgesetze außer Kraft setzen und alles mit Gewalt gleichmachen. Sonst töten wir die Gans, die die goldenen Eier legt. Meine Hoffnung ist, dass in Amerika einiges von der Idee des New Deal eines Franklin D. Roosevelt und eines John F. Kennedy erhalten wird, um die Ungleichheiten abzumildern. Nicht um sie zu beseitigen, sondern um sie zu verringern.
SPIEGEL: Aber im Grunde sind Spannungen zwischen Nationen, die auf unterschiedlichem Wirtschaftsniveau stehen, unausweichlich?
DPAContainerhafen (in Shanghai): "China ist der 800 Pfund schwere Gorilla"' |
Samuelson: Es wäre sehr überraschend, wenn sie nicht aufträten. Sie müssen zwei Dinge bedenken: In der modernen Welt gibt es freien Handel und offene Grenzen. In gewisser Weise ist Freihandel ein Ersatz dafür, dass Billigjobber in Ihr Land kommen. Wenn Sie also in Europa darüber entscheiden, ob Sie neue Länder in die Gemeinschaft integrieren wollen, treffen Sie nicht nur eine ökonomische Entscheidung, sondern auch eine soziale. Einige gesellschaftliche Spannungen werden verringert, wenn man eher Jobs verlagert, als die Billigjobber ins Land zu holen.
SPIEGEL: Aber das würde nichts an dem Ergebnis ändern: Jobs geraten in Gefahr.
Samuelson: In Amerika, wo es keine starken Gewerkschaften gibt, die die Löhne hochhalten, nehmen die Menschen einen Job an, auch wenn er schlechter bezahlt wird als der vorherige. In Deutschland passiert das selten, bloß: Blockiert man diese Anpassung, verliert die Volkswirtschaft immer mehr an Kraft. Übrigens sind die Stundenlöhne in Frankreich und Deutschland ungefähr so hoch wie die in Amerika. Allerdings arbeiten Franzosen und Deutsche weniger Stunden.
SPIEGEL: Ist Arbeitszeitverlängerung ein Ausweg aus der Krise in Deutschland?
Samuelson: Ich glaube, wenn das Wachstum in Deutschland Fahrt aufnehmen soll, benötigt es eine andere Einstellung der Menschen. Selbst in Dänemark können Arbeitgeber Mitarbeiter feuern, und die Gewerkschaften unterstützen dies. Das ist ein Teil von dem, was man braucht, um zu überleben und zu wachsen.
SPIEGEL: Hat Politik die Macht, die Globalisierung zu gestalten?
Samuelson: Natürlich, Politik ist sehr wichtig. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: 1945 war ich ein begabter, junger Ökonom. Ich war auf dem Höhepunkt meiner Fähigkeiten. Hätte mich damals jemand vom SPIEGEL interviewt ...
SPIEGEL: ... die erste Ausgabe unseres Magazins kam erst 1947 auf den Markt ...
Samuelson: ... wie auch immer, wenn mich damals jemand gefragt hätte, welcher Teil der Erde sich in den kommenden 30 Jahren am schnellsten entwickelt, hätte ich gesagt: Lateinamerika - Argentinien vielleicht oder Chile. Dort gibt es ein gemäßigtes Klima und eine Bevölkerung mit europäischen Wurzeln.
SPIEGEL: Sie haben falsch gelegen.
Samuelson: Ich lag völlig daneben. Nicht weil ich die wirtschaftlichen Möglichkeiten falsch eingeschätzt habe, ich unterschätzte populistische Bewegungen wie die Diktatur von Perón. Die Argentinier haben die Inflation nie in den Griff bekommen.
SPIEGEL: Indien und China scheinen sich da ja erfolgreicher zu entwickeln.
Samuelson: Indien hat nur 40 Jahre lang geschlafen. Und China ist der 800 Pfund schwere Gorilla, der mitten im Wohnzimmer steht. Es ist unausweichlich - und ich hoffe, diesmal liege ich richtig -, dass China in nicht allzu ferner Zukunft Japan überholen wird.
SPIEGEL: Erwarten Sie, dass China eine größere ökonomische Kraft entfalten wird als die Vereinigten Staaten?
Samuelson: Schreibt man die Entwicklung nüchtern und realistisch fort, wird China die beherrschende Wirtschaft in der Welt, wenn es das politische System nicht verhindert - und das ist ein sehr wichtiges "wenn".
SPIEGEL: Kritiker sagen, China verletze die Regeln des fairen Wettbewerbs. Glauben Sie, dass das Land aus dem Freihandel nur seine Vorteile zieht?
Samuelson: Sie können nicht von einem Niedriglohnland mit geringer Produktivität so strikte Arbeitsbedingungen und Umweltstandards erwarten, wie wir sie haben. Ich bin in einer Stahlregion aufgewachsen, in Gary, Indiana. Das ist lange her, fast 90 Jahre. Wenn ein Arbeiter geschmolzenen Stahl auf sein Bein bekommen hat, wurde damals nicht einmal die Arbeit unterbrochen. Daran können Sie sehen, wie sich die Dinge verbessert haben. Und so wird es auch in China sein.
SPIEGEL: Wie hätte Ihr Lehrer, der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter, der die kreative Zerstörung als treibende Kraft des Kapitalismus ausgemacht hat, die heutige globale Wirtschaft beurteilt?
DPAUS-Präsident Roosevelt (1944): "Die Idee des New Deal erhalten" |
Samuelson: Er hätte die Dynamik gemocht. Ich sprach zu ihm, zehn Tage bevor er starb, während einer Veranstaltung des Amerikanischen Ökonomenverbandes 1949. Ich kannte seine Einstellung ziemlich genau. Er würde sagen, dass dieser Ausbruch von Energie seit der Erfindung des Computers völlig im Einklang steht mit seinem Buch "Die Theorie der ökonomischen Entwicklung" von 1912. Schumpeter hat nicht so viel Zeit dafür verschwendet wie ich, über das Schicksal der Armen zu brüten. Ich glaube, er hätte Sympathie für die frühere britische Premierministerin Margaret Thatcher gehabt, die Programme der deutschen Sozialdemokraten hätte er abgelehnt, obwohl er selbst österreichischer Finanzminister in einer sozialdemokratischen Regierung war. Aber sein Herz schlug für etwas anderes.
SPIEGEL: Schumpeter war der Ansicht, dass die Große Depression ein notwendiges Übel war, weil sie die Übertreibungen im System beseitigt hat.
Samuelson: Davon war auch mein anderer österreichischer Kollege Friedrich August von Hayek überzeugt. Er argumentierte, dass es die Situation nur verschlimmere, wenn man einem Betrunkenen gleichsam mehr Alkohol einflöße. Eine solche Einstellung angesichts der Härte jener Jahre halte ich für verrückt. Damals hatten ein Drittel der Deutschen und ein Viertel der Amerikaner keinen Job. Und die meinten einfach: "Lass es das System ausschwitzen." Das demonstriert einen Glauben an den reinen Kapitalismus, der nicht zu rechtfertigen ist.
SPIEGEL: Weil der Kapitalismus gezähmt werden muss?
Samuelson: Der Kapitalismus benötigt Spielregeln. Er braucht ein verlässliches Rechtssystem. Menschen werden anderen Menschen kein Geld verleihen, wenn die anderen Menschen nicht verpflichtet werden, es zurückzuzahlen. Das ist in der Geschäftswelt so wahr wie zwischen Staaten. Ich glaube nicht, dass Präsident Bush viel Macht hat, um den Chinesen vorzuschreiben, was sie zu tun haben. Er spricht zu Gleichen.
SPIEGEL: Viele fürchten sich vor den neuen Wettbewerbern im Osten. Wie sehr bedrohen sie die amerikanische Wirtschaft?
Samuelson: Wir mögen zwar immer noch die Radfahrer sein, in deren Windschatten die anderen fahren, aber die anderen kommen näher. Die Position Amerikas gerät unter Druck, weil wir eine Gesellschaft geworden sind, die kaum noch spart. Wir sind eine Gesellschaft des Ich, Ich, Ich - und Jetzt. Wir denken nicht an andere und nicht an morgen.
SPIEGEL: Was läuft falsch in Amerika?
Samuelson: Schauen Sie mal in den Gemeinschaftsraum der jungen Mathematikstudenten am MIT. Vielleicht gerade mal einer von zehn Studenten ist in Amerika geboren. Daran ist das Fernsehen schuld.
SPIEGEL: Sie glauben, das Fernsehen bedrohe die Wettbewerbsfähigkeit?
Samuelson: In der Vergangenheit haben schlaue Kinder, die später Mathematiker wurden, Puzzle gespielt, die sie herausforderten. Heute schauen sie Fernsehen. Es gibt zu viele Ablenkungen, das ist ebenfalls Teil des Grundes, warum wir diese Haltung des Ich, Ich, Ich - und Jetzt haben.
SPIEGEL: Und dafür ist das Fernsehen verantwortlich?
Samuelson: Natürlich nicht allein. Amerika ist so verletzlich, weil unsere Bevölkerung wie die von Japan oder Deutschland immer älter wird. Im Jahr 2020 wird die Baby-Boomer-Generation in Rente gehen. Diese Entwicklung ist seit den früheren achtziger Jahren bekannt. Die Arbeitnehmer hätten deshalb sparen müssen wie der Teufel - tatsächlich aber geben sie nur Geld aus. Wir greifen auf die Ersparnisse von Ländern zurück, die viel ärmer sind als wir. Diese Länder nehmen ihre Handelsüberschüsse und kaufen sich davon niedrig verzinste US-Staatsanleihen.
SPIEGEL: Sie meinen die besondere Beziehung zwischen den Vereinigten Staaten und China: Die Volksrepublik gibt den USA fast unbegrenzten Kredit, und die Amerikaner kaufen deren Produkte.
Samuelson: Die Chinesen werden das eine Weile tun, aber wenn der demografische Übergang kommt, könnte sich das ändern. Dann werden nicht nur die Ausländer ihr Geld hier abziehen, auch die Amerikaner werden dann im Ausland investieren, bis alles so drunter und drüber geht, dass man Kapitalkontrollen einsetzen muss.
SPIEGEL: Dann würde die Welt wohl in eine gewaltige Finanzkrise geraten.
Samuelson: Ich glaube nicht, dass es so schlimm würde wie bei der Großen Depression. Die Menschheit hat gelernt, dass man nur genug Geld drucken muss, um der Deflation zu entgehen. Aber ich glaube, dass wir eine ziemliche Holperstrecke vor uns haben, falls dieses Szenario eintritt.
SPIEGEL: Ist das gegenwärtige Risikolevel im historischen Vergleich ungewöhnlich hoch?
Samuelson: Ich denke, ja. Die Abwertung des chinesischen Yuan wird nur wenig helfen, wir werden dadurch kaum wettbewerbsfähiger. Ich glaube nicht für einen Moment, dass dies die Auslandsschulden substantiell verringert, die sich bis 2020 auftürmen werden. Und das wird der Zeitpunkt sein, wenn die Not wirklich groß ist.
SPIEGEL: Professor Samuelson, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
DAS GESPRÄCH FÜHRTEN DIE REDAKTEURE FRANK HORNIG UND ALEXANDER JUNG
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Ist aber doch irgendwie nett von den Chinesen, daß sie den Amerikanern ihr Geld leihen, damit die armen Amis (schließlich sparen die ja nicht) den Chinesen wieder ihre Ware abkaufen können. Ich meine, man stelle sich mal vor, dies wäre nicht so, dann könnten die Amis ihrem Hobby Konsum nicht fröhnen und die Schlitzaugen würden auf ihren Produkten sitzen bleiben. Dann wäre ja schon heute "Hängen im Schacht" und nicht erst 2020.
An dem ganzen Interview haben mich eigentlich nur die blöden Deutschen mal wieder gestört. In diesem Fall ganz speziell die Journalisten des Spiegel. Behaupten die doch ganz frech in ihrer Fragestellung an den Prof, daß die Franzmänner und Käsköppe die EU-Verfassung wegen einer Angsthaltung gegenüber der neuen wirtschaftlichen Bedrohung aus Osteuropa abgelehnt haben. Klang doch vor einigen Monaten in dem Blatt noch ganz anders und die Abstimmung über die EU-Verfassung wurde demnach als Denkzettel für die amtierenden Regierungen mißbraucht.
Ich meine ja auch nur, ob sich solche Kurzzeitgedächniskünstler wirklich mit so komplexen Themen wie der Weltwirtschaft abgegen sollten und ob es Not tut, diese gewaltigen Erkenntnisse dann auf den gesunden Menschverstand des Durchnittsdeutschen prallen zu lassen? Das könnte im Extremfall ein Fehlinterpretation (also der Verkennung der wirklichen Lage) dann noch in einer Revolution oder, ganz speziell im Fall der Deutschen, zu noch Schlimmeren führen.
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einem volkswirtschaftler sollte doch bekannt sein, dass sparen nur in der individuellen konkurrenz möglich ist und nie gesellschaftlich. alles papier, was wir heute ansammeln, kann nicht mehr wert sein als das was wir im jahre 2020 und folgende erwirtschaften werden. gerade um probleme mit brüchen in der bevölkerungsentwicklung zu schaffen ist unser heutiges system spitze. die finanzierung muss nur schrittweise stärker auf steuern verlagert werden. hätten wir es nicht, müssten wir es schnellstens erfinden.
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Zum Glück gibt es ja so geniale, unfehlbare Köpfe wie Dich, die uns vor solchen
unqualifizierten Spinnern wie Prof. Samuelson warnen.
Das amerikanische System verfault doch schon längst von innen und es nur
eine Frage der Zeit bis man es auch äußerlich sehen kann.
Das Amerikanische Jahrhundert liegt in den letzten Zügen, die Nachfolger
warten schon. Und gerade dies bietet uns auch große Chancen!
Siehe Russland oder China oder Indien.
Ich rechne zwar schon viel eher mit oben genannten Szenario aber wenn es etwas
später kommt soll es mir auch recht sein.
Bleibt etwas mehr Zeit sich darauf vorzubereiten.
Die USA war lange ein guter Partner aber es wird Zeit sich
neue "Freunde" zu suchen oder wir werden zusammen mit den USA untergehen!
Eurasien bietet uns genügend Chancen!!
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Was ich an deiner obigen Aussage nun garnicht verstehen kann, weshalb wir uns bei immer offeneren Märkten neu orientieren sollten? Wir haben doch das gleiche Dilemma wie die USA und anderer Industriestaaten auf gehobenem Niveau und sitzen im gleichen Boot. Was soll eine Neuorientierung, rein wirtschaftlich gesehen, denn für Vor- oder Nachteile bringen?
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Montag, 14. November 2005
Investoren stopfen Löcher
USA leben auf Pump
Die jüngste Stärke des Dollar ist nach Einschätzung von US-Notenbankchef Alan Greenspan ein Beleg dafür, dass die USA kaum Probleme mit der Finanzierung ihres immens hohen Defizits in der Leistungsbilanz haben. Er warnte aber zugleich, dass ausländische Investoren irgendwann nicht mehr bereit sein werden, dieses Loch zu stopfen.
"Trotz der Deckungslücke in der Leistungsbilanz von mehr als sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts haben wir, beziehungsweise die Instanzen, die die Wirtschaft ausmachen, kaum Probleme, die ausländischen Ersparnisse anzuziehen, die zur Finanzierung notwendig sind", sagte der Chef der US-Notenbank (Fed) in einer Video-Schaltung bei einer Konferenz der Banco de Mexiko in Mexiko-Stadt am Montag.
Um sicherzustellen, dass die USA weltweite Anpassungsprozesse unbeschadet überstehen, sollte die wirtschaftliche Flexibilität, einschließlich der des Arbeitsmarktes, bewahrt bleiben, sagte er. Diese Flexibilität würde den USA auch dann helfen, wenn der Dollar seinen Status als bevorzugte Reservewährung ausländischer Regierungen verlieren sollte. Dies könnte auch zu einem Anstieg der Zinsen führen. Er schränkte jedoch ein, dass er nicht daran glaube, dass der Dollar seine dominante Stellung im Welthandel kurzfristig einbüßen könnte.
Die Zinserhöhungspolitik der Fed dürfte nach Einschätzung des Fed-Präsidenten zu einer verstärkten Ersparnisbildung in den USA führen, mehr ausländisches Kapital anlocken und damit die Auswirkungen des Defizits abmildern. Greenspan, der schon in der Vergangenheit keine Gelegenheit versäumt hat, vor den Gefahren hoher Defizite angesichts einer alternden Bevölkerung zu warnen, wies zudem darauf hin, dass ein Abbau der Haushaltsfehlbeträge auch zur Senkung des Leistungsbilanzdefizits beitragen könnte.
In welchen Ausmaß, sei allerdings ungewiss. Zwar zeigten die Finanzmärkte bislang keine Reaktion auf die hohe Deckungslücke in der Leistungsbilanz, doch seien ausländische Investoren nicht bereit, dieses Defizit unendlich lange zu finanzieren, warnte er. "An irgendeinem Punkt werden die Investoren eine weitere Finanzierung verweigern".
Adresse:
http://www.n-tv.de/601801.html