Vielleicht rufen wir uns und doch erst einmal ins Gedächtnis, wie es zu diesem "Verein" überhaupt gekommen ist?
Die FDP hätte die Koalition damals nun lieber mit CDU und Grünen, als mit SPD und Grünen gemacht. Dass dies damals gescheitert ist, hat dabei nicht an der FDP und sogar noch nicht mal an den Grünen gelegen, sondern alleine an der CDU.
...insbesondere an einem gewissen Brutus Söder, der schon während des Wahlkampfes keine Gelegenheit ausgelassen hatte, dem Kanzlerkanditen in den Rücken zu fallen. (Wer sich über die Politik der Ampel ärgert, darf sich insofern auch bei ihm bedanken)
Zugleich war die CDU im Richtungsstreit zwischen den Merkelianern und dem konservativen Lager allerdings auch völlig zerrissen. Auch wenn man das Wirken von Söder mal beiseitelässt, sah es damals leider nicht so aus, als ob die CDU in diesem Zustand tatsächlich regierungsfähig gewesen wäre. Sie mussten sich in der Opposition erstmal neu sortieren, wobei dieser Prozess - auch wenn sie bei BT-Wahlen derzeit stärkste Kraft wären und bis zur BT-Wahl vermutlich auch bleiben werden - noch keineswegs abgeschlossen zu sein scheint, wenn man sich dann z.B. mal den Umgang mancher Leute dort mit ihrem Parteivorsitzenden anschaut.
Und was hätte die FDP damals D.E. da nun vernünftiger Weise tun sollen?
Sich einer Koalition verweigern? Was wäre denn dann die Konsequenz gewesen? Eine Minderheitsregierung von SPD und Grünen wäre nicht möglich gewesen, da es im Parlament keine Linke Mehrheit gab, sie wären von vornerein regierungsunfähig gewesen.
Die CDU als Koalitionspartner? Konnte man mit dieser CDU wie gesagt vergessen.
Dann also Neuwahlen.
..und was wäre dann das Ergebnis gewesen? Eine plötzliche Mehrheit der CDU? ..nach dem sie offen vorgeführt haben, dass sie noch nicht mal in der Lage sind, bei Koalitionsverhandlungen gemeinsam an einem Strang zu ziehen? Wohl kaum.
Also wieder eine SPD als stärkste Kraft, die dann wieder mit Grünen und FDP eine Koalition anstreben müsste, dann allerdings mit einer vermutlich sehr viel kleineren FDP, die für die Nummer mit den Neuwahlen abgestraft worden wäre... Und das sollte jetzt besser gewesen sein?
Die FDP hat sich hier meines Erachtens nicht nur klug sondern auch verantwortungsvoll verhalten. Würd es ihr lediglich um Posten gehen, wie Du insinuierst, dann hätte sie auch schon bei der Wahl davor mitregieren können.
Soweit also dazu, dass wir diese Koalition überhaupt haben.
Und jetzt möchtest Du also, dass die FDP diese Koalition platzen lässt, wenn ich Dich richtig verstehe.
Die Frage mit der Vernunft möchte ich an dieser Stelle dann aber gerne mal umdrehen.
Was wäre denn dann die Konsequenz?
Wir hätten dann Neuwahlen, bei der die CDU stärkste Kraft würde, es gäbe ja aber keine schwarz-gelbe Mehrheit, man bräuchte also noch einen weiteren Koalitionspartner.
Die Grünen kämen nach einem Koalitionsbruch dafür dann aber kaum in Betracht, an einer Unvereinbarkeit ihrer Politik und der der FDP hätte der Bruch dann ja gerade gelegen. Wie könnte man dann also direkt danach gemeinsam in eine neue Koalition gehen?
Bliebe also nur die SPD, die der FDP dann allerdings gerade den Verlust ihrer Kanzlerschaft zu verdanken hätte. Auch hier ist eine direkte Anschlusskoalition mit der FDP also kaum vorstellbar. (Es wäre dann im Übrigen wohl auch keine Scholz-SPD mehr, wobei man jetzt darüber spekulieren könnte, wer da so u.U an seinen Platz treten könnte.)
Bliebe also nur eine Koalition mit der AfD, was ebenfalls nicht vorstellbar wäre.
Als letzte Option bliebe dann also nur eine von der AfD tolerierte Minderheitsregierung von CDU und FDP. Das wäre es, worauf es bei einem Koalitionsbruch fast schon zwangsläufig hinauslaufen würde, wenn wir danach nicht in einer Unregierbarkeit versinken wollten.
Und wenn jemand, der klar bei Verstand ist, sich dafür ausspricht, dass die FDP die Koalition platzen lassen soll, dann dürfte es mit einiger Wahrscheinlichkeit auch genau das sein, was er sich davon verspricht.
Wenn man pragmatisch ist, dann wäre das theoretisch auch ohne weiteres möglich, CDU und FDP könnten im Hinblick auf die programmatischen Schnittmengen mit der AfD sogar einen Großteil ihrer Programme umsetzen, sie könnten sehr viel mehr CDU und FDP-Politik umsetzen als dies etwa mit den Grünen oder einer SPD als Partner möglich wäre.
Es besteht aber innerparteilich weder in der FDP noch in der CDU eine ausreichende Bereitschaft dafür, sich auf solch eine von der AfD tolerierte Minderheitsregierung einzulassen.
Es würde sie innerparteilich zerreißen.
Und das soll jetzt vernünftig sein?
Wenn die Koalition bis zur nächsten Bundestagswahl hält, dann wäre eine Deutschland- oder Jamaika-Koalition im Gegensatz dazu weiterhin vorstellbar und falls nicht, so hätte man diese Situation zumindest nicht über einen Koalitionsbruch und anschließende Neuwahlen auch noch selber herbeigeführt.
Alleine aus diesem Grunde spricht übrigens auch einiges dafür, dass keine der Ampel-Parteien die Koalition platzen lassen wird. In dieser gegenseitigen Gewissheit dürfte dann auch weiterhin hart und unnachgiebig verhandelt werden. Und der Kanzler dürfte wohl auch noch das ein oder andere Mal von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen müssen.
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